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NachgefragtMagdeburger Konsens

■ Ex-SKP-Chef Dopatka zum Solidarpakt

Fritz Dopatka, früher Staatsrat der Senatskommission für das Personalwesen (SKP) in Bremen, ist seit dem Beginn der großen Koalition wieder als Anwalt tätig. Er hat die Landesregierung Sachsen-Anhalt zu ihrem „Solidarpakt“ bei den Lehrern beraten. Vor wenigen Tagen wurde die Vereinbarung perfekt.

taz: In Bremen hängt der Solidarpakt durch. Zuerst wurde forsch gesagt: Neun Prozent runter mit den Löhnen. Jetzt dämmert alles vor sich hin.

Dopatka: Ich kann mich nicht zu Bremen äußern, ich kann mich nur äußern zu dem, was in Sachsen-Anhalt vereinbart wurde.

Was war dort das Problem?

Die Geburtenrate hat sich ab 1989 halbiert. So sind in diesem Schuljahr nur halb so viele Kinder in der ersten Klasse angemeldet worden. Diese geringe Schülerzahl wächst durch die ganze Schule durch. Auf mittlere Sicht gibt es nur halbsoviele Schüler. In Sachsen-Anhalt hat man keine einseitigen Arbeitgebermaßnahmen ins Auge gefaßt, sondern sich bemüht, mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und dem Beamtenbund zu einem „floating“-Tarifvertrag zu kommen.

Was ist das?

Die Vergütung wird abgesenkt auf 81 bzw. 87 Prozent des BAT Ost, die Arbeitszeit im Prinzip auch, aber individuell flexibel in einem Arbeitszeitkonto geführt und sichert den Beschäftigten so trotz stark schwankender Arbeitszeiten eine durchschnittliche Vergütung, mit der sie planen können.

81 oder 87 Prozent?

81 Prozent für Grundschullehrer, 87 Prozent für die anderen Schulen, Laufzeit 6 Jahre.

Die Lehrer sind glücklich?

Die Bereitschaft, im Konsens Standards auch zu senken, ist im Osten größer. Dazu kommt, daß der Status der Lehrkräfte sich verändert hat. Ein Großteil der Lehrkräfte hatte in DDR-Zeiten den Status von Facharbeiterkräften. Inzwischen haben die Lehrkräfte eine Anpassung nach oben erfahren, während Facharbeiter miserable Perspektiven haben. Das sehen alle sehr deutlich.

Es gibt also zwei Klassen von Lehrern in Deutschland?

Es gibt keinen Flächentarifvertrag in Deutschland mehr für diesen Teil des Öffentlichen Dienstes.

Und die Gewerkschaften haben nicht die Sorge, daß das Beispiel Schule macht?

Der BAT-Ost sieht eine Sonderregelung dafür schon vor. Die Gewerkschaften wollen zu dem neuen Tarifvertrag eine Mitgliederbefragung machen. Sie sehen natürlich, daß ein armes Land wie Sachsen-Anhalt nicht 30, 40 Prozent Lehrer über Bedarf bezahlen kann.

Jetzt müßte eigentlich eine Delegation der SKP aus Bremen nach Magdeburg fahren...

Diese Probleme werden ohnehin in der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder bewertet. In dem speziellen Fall gibt es aber keine Parallele. Hier sind eher mehr Kinder in den Klassen, als es dem Plan entspricht.

Bremen will doch im Öffentlichen Dienst auch mehr Flexibilität erreichen.

In Sachsen-Anhalt ist es ein aufgabenkritischer Ansatz. Wenn das Produkt – hier Unterricht – nicht mehr so viel nachgefragt wird, weil die Kinder fehlen, dann gibt es nur zwei Lösungen: Entweder die Arbeitszeit wird herabgesetzt oder Stellen werden gestrichen.

Sachsen-Anhalt wird rotgrün regiert.

Und ist auf die PDS-Stimmen angewiesen, die PDS hat sehr konstruktiv mitgearbeitet

Werden die Gewerkschaftsmitglieder zustimmen?

Davon gehe ich aus.Int: K.W.

Fragen: K.W.

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