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NachgefragtUnd er redet doch

■ Hennemann nutzte die Bonner Bühne

Erstaunt und etwas verärgert hat der Vorsitzende des Bremer Vulkan-Untersuchungsausschusses, Hermann Kuhn, zur Kenntnis genommen, daß der frühere Vulkan-Vorstandsvorsitzende Friedrich Hennemann vor dem Bonner Ausschuß „DDR-Vermögen“ausgesagt hat. „Ich erwarte, daß Herr Hennemann im Juni auch die Fragen der Bremer Parlamentarier beantwortet.“

In Bonn redete Hennemann sogar zu dem Zeitraum, der Gegenstand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen war. Bis in den Herbst 1995, also lange nach Beginn der offenen Vulkan-Krise, hatte die BvS ihre Millionen munter an den Vulkan überwiesen, und das „Parken“im Cash-Management war nicht vertragswidrig. Die Staatsanwaltschaft hat so auch den vielfach öffentlich wiederholten Vorwurf, der Konzern habe 850 Millionen Ost-Beihilfen veruntreut, beiseite gelegt.

Vor diesem Hintergrund greift Hennemann die vollmundigen Beschuldigungen der BvS vom Februar 1996 an. Die BvS habe die von ihr beauftragte Wirtschaftsprüfgesellschaft KPMG schon nach zwei Wochen Tätigkeit zu einem „Zwischenbericht“veranlaßt und während die Wirtschaftsprüfer vorsichtig Ost-Zuflüsse und West-Abflüsse im Cash-Management verglichen, habe die BvS öffentlich den Eindruck erweckt, hier liege eine „Zweckentfremdung von Mitteln“vor. Damit habe die BvS dem angeschlagenen Vulkan-Konzern schwer geschadet.

Mit ihrer Pressepolitik bereitete die BvS die Abtrennung der Ost-Werften aus dem Vulkan-Verbund vor; damit war das Schicksal der verbliebenen West-Werften besiegelt. Nach Hennemanns Argumentation zeigt sich an den späteren Firmenverkäufen (Schiess, Sulzer, Atlas), daß sogar unter Konkursbedingungen noch Werte in der Größenordnung der 850 Millionen zu realisieren waren.

Für Hennemann hatte vorher die Bremer Politik den Vulkan-Konzern aufgegeben. Erst als im Sommer 1995 die neue große Koalition von SPD und CDU in einer eigentlich überschaubaren Liquiditätskrise deutlich machte, daß das Land nicht mehr dem Konzern steht wie vor 1993, dem Beginn der fetten Treuhand-Jahre, da hatte auch die Commerzbank 1995 kein Interesse mehr, den Konzern weiter zu stützen. Über das Mißtrauen gegenüber seiner Führung, das darin zum Ausdruck kommt, redet Henneman nicht. Er kann sich das letztlich nur mit dem großen Engagement der Bank bei Thyssen und damit indirekt bei der Vulkan-Konkurrenz, den Thyssen-Werften in Hamburg und Emden erklären.

Der Thyssen-Konzern und die Preussag, zu der die Kieler HDW-Werft gehört, wollen Ende des Jahres wieder über die Fusion ihrer schwierigen Schiffbau-Betriebe zur „Deutschen Werft-AG“reden. In diesem Konzept hatte der Vulkan mit seinem eigenwilligen Vorstandsvorsitzenden immer schon gestört. K.W.

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