Nachgefragt: „Ideologischer Angriff“
■ Der grüne Bildungspolitiker Helmut Zachau zum CDU-Positionspapier
taz: Die Bremer CDU hat jetzt ein sogenanntes „Positions-Papier zur Zukunftsfähigkeit der bremischen Bildungslandschaft durch Reformen“ vorgestellt. Kernpunkte: Abschaffung der Orientierungsstufe, Zentralabitur, weitere Modellversuche fürs Abi in 12 Jahren und ein durchgängiges naturwissenschaftliches Gymnasium. Sind das Antworten auf offene Fragen?
Helmut Zachau: Nein, es muss darum gehen, das Bildungs-system inhaltlich auf die Anforderungen der Zukunft einzustellen – und nicht über Organisationsdebatten. Da wird auf einer völlig falschen Ebene diskutiert.
Wie muß man den CDU-Vorstoß den dann verstehen?
Als ideologisch begründeten Angriff auf das Bremer Bildungs-wesen. Die CDU ist durch die Vorgänge in Schwachhausen, wo die Orientierungsstufe faktisch abgeschafft wurde und es jetzt nur noch bestimmte hochrangige Bildungsangebote gibt, offensichtlich sehr ermutigt worden. Ähnliches will sie jetzt offensichtlich in der Fläche ausbauen.
Ist weitere Differenzierung der Bremer Bildungslandschaft nicht vernünftig?
Doch. Wir haben das in der Ampelzeit mit dem Bremischen Schulgesetz ja selbst getan. Kinder, die schneller lernen, müssen Chancen bekommen. Aber das kann man aber nicht wie in Schwachhausen auf Anordnung machen. Das muss man von unten entwickeln.
Was halten Sie von der CDU-Forderung nach einem durchgängigen Gymnasium mit naturwissenschaftlichem Profil?
Es gibt in Bremen bereits fünf Schulen mit naturwissenschaftlichem Profil. Die melden uns, dass es ihnen an materieller Ausstattung fehlt. Das ist aber nur eine Ebene. Man muss auch methodisch sagen, was man will. Studien zeigen, dass die Bundesrepublik im Bereich der naturwissenschaftlich-technischen Fächer auf Grund der Methodik in den Rückstand geraten ist – nicht auf Grund der Schulorganisation. Wir brauchen Geld und Material, statt flotte Sprüche.
Die CDU will Bildungssenator Willi Lemke jetzt zwingen, „weg von Sonntagsreden hin zu Taten zu kommen.“
Was Willi Lemke betrifft, teile ich die Kritik. Er muss sich jetzt wirklich entscheiden, wohin er das bremische Schulwesen führen will – ob er mehr auf Reformen aus den Schulen heraus setzt, oder auf eine schulorganisatorische Debatte wie in Schwachhausen.
Das Finanzieren von „Zukunftsinvestitionen“ soll nach CDU-Vorstellungen unter anderem aus dem Verkauf von Liegenschaften geschehen. Ist das realistisch?
Nein. Das ist vor dem Hintergrund des aktuellen Haushaltsrechtes völlig unrealistisch und auch politisch falsch. Es kommt darauf an, die Eckwerte im Haushalt zu erhöhen, damit dort die Aufgaben erfüllt werden können. Wir müssen die Auseinandersetzung um den Stellenwert von Bildung in der Politik offensiv führen, statt Schulen zu verkaufen. Dabei geht es vor allem um die innere, statt organisatorische Schulreform, und um materielle Schwerpunktsetzung. Im naturwissenschaftlich-technischen und Informatikbereich muss man die Fächer, die nicht sehr beliebt sind, durch gute Ausstattung und Konzeption attraktiv machen.
Die Bremer CDU weist darauf hin, dass es in anderen Bundesländern eine höhere Schüler-Lehrer-Relation gibt, die auch hier gelten müsste.
Das ist fachlicher Blödsinn. Man kann Bremen nicht mit Flächenländern vergleichen.
Fragen: Eva Rhode
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