Nachfolge für Uni-Präsidentin: FU-Chef Lenzen soll nach Hamburg
Die alte Chefin musste gehen, weil sie zu autoritär war. Mit Dieter Lenzen von der FU Berlin soll die Uni Hamburg nun einen Präsidenten bekommen, den viele genauso sehen.
Der Präsident der Freien Universität Berlin, Dieter Lenzen, soll nach taz-Informationen neuer Präsident der Universität Hamburg werden. Die wird seit der Absetzung der alten Präsidentin Monika Auweter-Kurtz im Juli lediglich kommissarisch geleitet. Die Raketenforscherin Auweter-Kurtz ("Raketen-Moni") war wegen ihres als autoritär kritisierten Führungsstils zum Rücktritt gedrängt worden.
Der Hamburger Hochschulrat, der für die Wahl eines neuen Präsidenten zuständig ist, will noch keinen Namen nennen, da das Verfahren bis Ende nächster Woche andauere. Aber ein Dementi klingt anders. "Ich will das weder bestätigen noch verleugnen", sagte der Hochschulratsvorsitzende Albrecht Wagner zur Personalie Lenzen. "Wir beteiligen uns vor einer offiziellen Bekanntgabe nicht an Spekulationen", sagte ein Sprecher der Hamburger Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU).
FU-Präsident Lenzen, 61, war für eine Stellungnahme am Mittwoch nicht zu erreichen. Sein Sprecher teilte mit: "Professor Lenzen wird des Öfteren von verschiedenen Seiten angefragt hinsichtlich der Übernahme von Leitungsfunktionen. Solche Anfragen werden ihrer Natur nach vertraulich behandelt."
Der Weggang von Lenzen nach Hamburg wäre eine echte Überraschung. Ihm wurden immer wieder eher politische Ambitionen nachgesagt. So wurde er vor den letzten Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus etwa als möglicher CDU-Spitzenkandidat gehandelt. Der parteilose Lenzen schwor aber der FU die Treue: "Das wäre sonst ja, als hätte man ein Kind gezeugt und würde sich davonmachen."
Lenzen verkörpert wie kaum ein anderer den neuen Typus des Hochschulmanagers, der die Nähe zur Wirtschaft sucht und die Universität zu einer hierarchisch geführten Wissensorganisation umbaut. Lenzen ist Berater bei der neoliberalen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und seit 2007 auch Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz. Dass die FU Berlin bei der Exzellenzinitiative vor zwei Jahren zu einer von neun Eliteunis gekürt wurde, sieht der Erziehungswissenschaftler als sein Verdienst an. Doch Gegner werfen ihm wie "Raketen-Moni" auch vor, autoritär zu sein.
Intern war Lenzen erst vor Kurzem wieder wegen seiner angeblichen Fixierung auf die Spitzenforschung in die Kritik geraten. Mehrere FU-Professoren mahnten an, er solle sich mehr um die Belange der Basis kümmern und für mehr Transparenz bei Entscheidungen sorgen. Auch mit dem Berliner Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner (SPD) hatte sich Lenzen angelegt und dessen Pläne einer Art Superuniversität zunichtegemacht.
Unter linken Studenten ist Lenzen ohnehin ein rotes Tuch. Gerade hat an der FU Berlin eine Gruppe die Initiative "Lenzen - Not My President!" gestartet. Ihre Kampagne kann sie sich nun womöglich sparen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“