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Nach der Einigung mit den Besetzern im BethanienKünstlerhaus übt Mietboykott

Die Treuhänderin des Bezirks liegt jetzt im Clinch mit dem Künstlerhaus Bethanien. Weil das eine Mieterhöhung als überteuert ablehnt, droht ein Prozess.

Die Verträge mit den Besetzern sind unter Dach im Fach, doch im Bethanien steht bereits das nächste Ungemach vor der Tür. Weil das Künstlerhaus Bethanien eine Mieterhöhung um mehr als 60 Prozent nicht akzeptiert, will der Treuhänder des Bezirks, die Immobiliengesellschaft GSE, nun eine Nutzungsentschädigung erzwingen. Dies bestätigte GSE-Chef Dieter Ruhnke am Dienstag der taz.

Hintergrund des Konflikts ist der geplante Umzug des Künstlerhauses in die Kreuzberger Kohlfurterstraße (taz berichtete). Der reguläre Mietvertrag zwischen Bezirk und Künstlerhaus ist im Dezember ausgelaufen. Weil der Umzug nicht vor Ende 2009 über die Bühne sein wird, bemühte sich Künstlerhauschef Christoph Tannert um einen befristeten Vertrag. Doch der hatte es in sich: "Statt 16.000 Euro im Monat sollten wir plötzlich 25.300 Euro bezahlen", so Tannert zur taz. Für ihn ein Unding.

Die Ablehnung des Vertragsangebots kommt ihn womöglich jetzt noch teurer zu stehen. Nun fordert die GSE sogar 31.000 Euro pro Monat. Zur Begründung sagt Geschäftsführer Ruhnke: "Das Künstlerhaus befindet sich seit Januar in einem vertragslosen Zustand. Deshalb verlangen wir nun eine Nutzungsentschädigung." Am heutigen Mittwoch will die GSE mit dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg über das weitere Vorgehen beraten.

Dass Tannert das Bethanien lieber heute als morgen verlassen würde, ist ein offenes Geheimnis. Vor allem nach der Besetzung des Südflügels durch die Exbewohner der Yorckstraße 59a sorgte er sich um den Ruf des seit 1975 existierenden Künstlerhauses. Nachdem das Bezirksamt im September 2006 beschlossen hatte, das ehemalige Krankenhaus nicht an einen Investor zu verkaufen, sondern Kreuzberger Initiativen zur Verfügung zu stellen, schimpfte Tannert, er werde sich nicht in ein "soziokulturelles Korsett" zwingen lassen. Den Bezirksverordneten warf er vor, sie hätten sich von den Besetzern "einseifen" lassen.

Seine Drohung, das Bethanien zu verlassen, hat Tannert inzwischen wahrgemacht. Der Vertrag mit dem Kunstsammler Nicolas Berggruen, dem das Gebäude in der Kohlfurter Straße gehört, sei nun weitgehend unterschriftsreif, so Tannert. Kostenpunkt: 25.000 Euro im Monat. "Aber dafür haben wir auch ebenerdige Veranstaltungsräume."

Vor dem heutigen Treffen mit der Treuhänderin GSE hat Kreuzbergs Baustadträtin Jutta Kalepky (Grüne) deutlich gemacht, dass sie die Mietforderung der GSE für angemessen hält. "Diese Quadratmetermiete müssen alle zahlen, da gibt es keine Unterschiede."

Eine weitere Eskalation will Kalepky allerdings verhindern. "Wir wollen nicht vor Gericht, sondern wir wollen das Gespräch", so die Grüne. Ihr größ- ter Wunsch dürfte zugleich der von Christoph Tannert sein - "den Auszug zu ermöglichen und in Frieden auseinanderzugehen".

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1 Kommentar

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  • MK
    Manuel Keucht

    Idem sich Tannert so sehr um das Image des Künstlerhauses Bethanien "sorgte", dass er regelmäßig über die Presse negative und unwahre Nachrichten lancierte, die Besetzung des Seitenflügels führe zu einem irreparablen Imageschaden für die von ihm geleitete Institution, hat er selbst in erster Linie zu diesem Schaden, so es ihn denn gibt, beigetragen. Ein Schelm, der keine Strategie dahinter erblicken will. Denn Tannert wollte schon immer mit "seinem" Künstlerhaus aus dem Bethanienkomplex raus, was aber bisher am Widerstand der Gesellschafter (Akademie der Künste und deutscher akademischer Austauschdienst)scheiterte, die nicht bereit waren, einen Umzug zu finanzieren. Nun hat er also den Hebel der "imageschädigenden Besetzung" erfolgreich dazu genutzt, die politische Ebene, auf der entsprechende Entscheidungen getroffen werden, umzustimmen. Auf diese Weise wird der Steuerzahler dazu genötigt, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen die Brieftasche zu öffnen. Denn natürlich sind es unsere Steuergelder, die den Umzug finanzieren müssen.

    Aber schon recht: Das Bethanien kann auf Tannert dankend verzichten, nur schade, daß ein solch renomiertes Projekt, wie es das Künstlerhaus darstellt, zum Spielball der egoistischen Politik seines Geschäftsführers geworden ist. Das hat diese öffentliche Institution nun wirklich nicht verdient.