■ Nach den US-amerikanischen Zwischenwahlen: Zeit, loszulegen
Was sagen uns die Ergebnisse dieser Wahlen? Daß die Republikaner nicht so viel gewinnen konnten, wie die Demokraten verloren. Konservative Demokraten glauben fälschlicherweise, sie könnten so einfach die Stimmen der Arbeiter und Armen beerben, ohne etwas dafür zu tun. Sie sollten endlich lernen, daß der Inspiration die Transpiration folgt. Auch sollte die Regierung besser einmal ihre Strategie der „Demokraten für die Freizeitklasse“ überdenken. Sie besiegt nämlich nicht Gegner, sondern sie verliert Freunde. Clinton schob Investitionen zugunsten der Defizitreduzierung auf, um den Perot-Wählern zu gefallen – doch die wählten republikanisch. Er versuchte, die Gewerkschaften für Nafta zu erwärmen und die Bürgerrechtler für die Gesundheitsreform, und all dies, um das Business zu umgarnen, doch auch das ging zugunsten des konservativen Lagers aus. Statt dessen sollte die Regierung sich darauf konzentrieren, diejenigen zu stärken – Gewerkschaften, African-Americans, Latinos, Frauen, Grüne, Schwule und Lesben sowie der Rest des Regenbogens –, auf die sie bauen kann.
Der konservative Sieg ist eine Reaktion auf den Fortschritt der Befreiungsbewegungen der letzten Jahrzehnte – jenen der Bürger- und Frauenrechte, der Schwulen, Lesben und der Ökologie. Vor einem Jahrhundert beendete eine Zweiparteienallianz die reconstruction. Man warf Schwarze zurück in die Apartheid. Und ein konservativer Oberster Gerichtshof half bei der Verbreitung jener Lüge vom „Getrennt, aber gleich(berechtigt)“. Für den Neodarwinismus waren Schwarze minderwertig.
Dasselbe erleben wir jetzt wieder. Beide Parteien drehen den Isolierten in den Ghettos und Barrios den Rücken zu. Ein konservativer Oberster Gerichtshof versucht, Wahl- und Antidiskriminierungsgesetze zurückzunehmen. Rassistische Ideologien werden pseudowissenschaftlich aufbereitet, um Schwarze als genetisch minderwertig zu beschreiben. All dies soll die Wohlhabenden aus jeglicher Verantwortung für die Armen entlassen. Sozialhilfe-Mütter oder Einwanderer sind bei all dem die einfachsten Zielscheiben.
Die letzte Rassentrennung hatte nahezu einhundert Jahre gehalten, bevor die Bürgerrechtsbewegung das Land zur Besinnung brachte. Diesmal muß der Rückschlag vom ersten Tag an bekämpft werden.
Es ist Zeit, das Gejammere über die Clinton-Regierung zu beenden und etwas zu tun. Laßt euch nicht von Experten irreführen. Martin Luther King hat immer vor der Paralyse der Analyse gewarnt. Clevere Leute werden immer hundert Gründe dafür finden, daß sich die Dinge niemals ändern. Es ist Zeit, loszulegen. Jesse Jackson
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen