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Nach dem geplatzten Atlantis-StartAstronauten müssen warten

Einen neuen Starttermin für die Nasa-Weltraumfähre Atlantis wird es erst Anfang nächsten Jahres geben. Eine Belastungsprobe vor allem für das Bodenpersonal.

Eine defekte Tankanzeige an Bord er Atlantis verhinderte den Start am 6.Dezember. Bild: dpa

Bereits zu Nikolaus sollte den Verantwortlichen des "Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt" (DLR) ein besonderes Geschenk gemacht werden. Der Start des Space-Shuttles Atlantis war für den 6. Dezember geplant. Die Nasa-Weltraumfähre sollte das Europäische Forschungslabor "Columbus" zur Internationalen Raumstation ISS bringen. Stolz sind die hiesigen Wissenschaftler, dass Deutschland maßgeblich an Bau, Betrieb und Nutzung des Forschungslabors beteiligt ist. Es war sogar geplant, dass die Kanzlerin wenige Tage nach dem Start mit dem deutschen Astronauten Hans Schlegel im Rahmen eines "Live-Calls" plaudern würde. Nicht genug der nationalen Ehre. Das Kontrollzentrum des Labors befindet sich auf deutschem, genauer: auf bayrischem Gebiet. Doch dann hieß es wenige Minuten vor dem Start: "Oberpfaffenhofen, wir haben ein Problem!"

Der Start musste verschoben werden, weil eine Anzeige nicht funktionierte. Ein Tank, der mit flüssigem Wasserstoff gefüllt war, sei laut einem Sensor nicht vollständig gefüllt gewesen. Auch beim zweiten Startversuch am Samstag tauchte das Problem wieder auf. Eine Tankanzeige funktioniert nicht richtig.

Das Problem bereitet der Nasa erhebliches Kopfzerbrechen. Bis heute ist die Ursache nicht bekannt. Messgeräte, die Telefongesellschaften nutzen, um Unterputzkabel zu untersuchen, werden nun eingesetzt, um zu prüfen, ob die elektrischen Verbindungen zwischen den Sensoren in den Wasserstofftanks und dem Bordcomputer intakt sind.

Bei den im voll gefüllten Tank herrschenden -217 Grad Celsius kann man nicht direkt an die Kabel heran. Und wenn der Tank nicht ganz gefüllt ist, funktionieren die Anzeigen fehlerfrei.

Das Problem führt inzwischen, so berichten Mitarbeiter des DLR, bei der Nasa zu heftigen Diskussionen. Einige Verantwortliche bei der Nasa befürworten einen Start, denn es sei ja in Wirklichkeit alles in Ordnung. Drei der vier Sensoren zeigen einen vollen Tank an.

Volker Sobik vom DLR erklärt: "Das ist so, als ob Sie ohne Gurtsystem Auto fahren. Der Gurt wird in den meisten Fällen ja nicht gebraucht." Sobik glaubt aber, dass ein Start erst dann wieder versucht wird, wenn das Problem ausgeräumt ist. Am kommenden Dienstag werde der Wasserstofftank noch einmal befüllt und ausgiebig getestet.

Für die Raumfahrer, die nun bis mindestens zum 2. Januar auf ihren Einsatz warten müssen, sei die psychische Belastung nicht so hoch. "Die Astronauten werden trainiert, den Stress bei Startverzögerungen zu verarbeiten", erklärt Sobik. Allein schon wegen widriger Wetterbedingungen werden viele Starts verschoben. Hans Schlegel kann mit seiner Familie in Texas sogar Weihnachten feiern. Schlimmer ist die Situation für das Bodenpersonal. Im Kennedy-Space-Center in Florida wird seit Monaten rund um die Uhr gearbeitet.

Eine Diskussion, inwieweit Raumfahrt überhaupt nützlich sei, ist bislang nicht zu erwarten. Nachdem im Januar 1986 die "Challenger" kurz nach dem Start auseinanderbrach und im Februar 2003 die Raumfähre "Columbia" beim Wiedereintritt in die Atmosphäre verglühte, wurden für einige Zeit die Stimmen lauter, die die bemannte Raumfahrt für zu gefährlich und für nicht sinnhaft genug hielten. Diese Zweifel hat Volker Sobik von der DLR nicht: "Wenn Kolumbus nicht nach Amerika gesegelt wäre, sähe die Welt heute anders aus." LUTZ DEBUS

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