Nach dem Crash: Neustart für Islands Banken
Das früh von der Krise getroffene Land rekonstruiert sein Bankensystem. Die Auslandsschulden der alten Finanzinstitute kommen den Steuerzahlern teuer zu stehen.
Reykjavík hat die Weichen für eine Rekonstruktion des isländischen Bankensystems gestellt. Im Oktober 2008 waren die drei Großbanken der Insel nach dem Platzen einer gewaltigen Spekulationsblase binnen einer Woche zusammengebrochen und mussten verstaatlicht werden. Ausgestattet mit frischem Kapital in Form von Staatsanleihen in Höhe von umgerechnet 1,5 Milliarden Euro sollen die Finanzinstitute Glitnir, Landsbanki und Kaupthing nun am 14. August als Islandsbanki, neue Landsbanki und neue Kaupthingbank wiedererstehen.
Mit der Neustrukturierung mache Island einen wichtigen Schritt zur erneuten Etablierung eines starken Bankensystems, erklärte Finanzminister Steingrimur Sigfússon. Islandsbanki wird dabei wieder ganz privatisiert und von den früheren Glitnir-Aktionären übernommen, ein vorerst 13-prozentiger Anteil an der neuen Kaupthingbank und die gesamte neue Landsbanki bleiben im Staatsbesitz.
Insbesondere die neue Landsbanki dürfte den PolitikerInnen wegen der Folgen ihres umfangreichen Auslandsengagements noch lange Kopfzerbrechen bereiten. Über eine Tochtergesellschaft, die Internetbank Icesave, hatte sie mit hohen Zinsen vor allem in den Niederlanden und Großbritannien hunderttausende KundInnen gelockt. Anders als bei der deutschen Kaupthing-Tochter, bei der die Rückzahlung der Guthaben mittlerweile in Gang gekommen ist, warten die Icesave-KundInnen noch auf ein entsprechendes Übereinkommen. An einem vorläufigen Deal, den die Regierung von Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardóttir mit Großbritannien und den Niederlanden ausgehandelt hat, lässt nicht nur die Opposition, sondern auch ein Teil der eigenen Leute und der Zentralbanker kein gutes Haar: Der Staat bürgt für diese Guthaben, die binnen 15 Jahren zurückgezahlt und mit 5,5 Prozent verzinst werden sollen - dieser Satz ist angesichts des gegenwärtigen internationalen Zinsniveaus viel zu hoch.
Laut Zentralbankchef Svein Harald Øygard ist es dabei juristisch nicht klar, ob Island überhaupt für diese Sparguthaben haftet. Und die Last, die Islands SteuerzahlerInnen nun möglicherweise ohne Not aufgebürdet wird, ist kein Pappenstiel: Die Icesave-Schulden entsprechen 200 Prozent des isländischen Bruttosozialprodukts. Bis zum Jahre 2017 werden es immer noch 100 Prozent sein.
Das Abkommen hat dazu geführt, dass es die große Mehrheit für Rot-Rot-Grün, die die Regierung im April wählte, derzeit in Umfragen nicht mehr gibt. Und auch im Parlament ist eine Mehrheit für den Deal fraglich. Führen die Meinungsunterschiede innerhalb der Koalition zu einer Abstimmungsniederlage, könnte das Thema Icesave sogar das Ende der Regierung Sigurdardóttir bedeuten.
Überhaupt scheint die Bevölkerung noch nicht bereit, Politik und Banken schnell wieder zu vertrauen, die das Desaster herbeigeführt haben. Auch die Wut ist noch frisch. In den letzten Tagen wurden die Häuser und Autos von fast einem Dutzend Bankdirektoren mit Farbbeuteln und faulen Eiern attackiert. Bei sämtlichen Anschlägen tappt die Polizei im Dunkeln.
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