Nach Wahl-Farce in Simbabwe: Mugabe droht Druck aus Afrika
Simbabwes Staatschef Mugabe hat sich zum Sieger der Ein-Mann-Stichwahl erklärt. Viele afrikanische Politiker hoffen auf einen Deal, der sein Ende einleitet.
Auf viele Freunde kann Robert Mugabe nicht zählen, wenn er am Montag ins ägyptische Seebad Scharm al-Scheich zum Staatengipfel der Afrikanischen Union (AU) fährt. Die Regionalorganisationen Ostafrikanische Gemeinschaft und Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika haben den Wahlgang vom Freitag, an dem Mugabe sich ohne Gegenkandidaten wiederwählen ließ, bereits verurteilt. Afrikanische Wahlbeobachter haben den Wahlablauf kritisiert. Kenias Premierminister Raila Odinga und Tansanias Präsident Kikwete, immerhin derzeitiger AU-Präsident, haben die Möglichkeit einer militärischen Intervention angedeutet.
Die AU kann einzelne Mitglieder suspendieren, wenn sie demokratische Standards nicht beachten. Als in Togo 2005 Langzeitdiktator Gnassingbé Eyadema starb und die Armee seinen Sohn Faure Gnassingbé als Nachfolger inthronisierte, schloss sich die AU westafrikanischen Sanktionen gegen Togo an und erzwang damit die Bildung einer Übergangsregierung, die Wahlen vorbereitete. Als in Kenia Ende 2007 Präsident Mwai Kibaki Wahlen per Fälschung gewann und blutige Unruhen ausbrachen, half die AU bei der Vermittlung zwischen ihm und seinem Rivalen Raila Odinga, der schließlich Premierminister wurde.
Eine solche Lösung schwebt nun auch vielen afrikanischen Politikern für Simbabwe vor, zumal sich sowohl Robert Mugabe als auch Oppositionschef Morgan Tsvangirai zu Gesprächen bereit erklärt haben. Beim AU-Außenministertreffen in Scharm al-Scheich am Freitag kursierte das Modell, Tsvangirai zum Premierminister einer Übergangsregierung zu machen. Mugabe solle demnach mit reduzierten Kompetenzen Präsident bleiben, aber zusichern, bei vorgezogenen Neuwahlen im Jahr 2010 nicht mehr anzutreten.
Laut der unabhängigen simbabwischen Wochenzeitung Financial Gazette plant Mugabes Partei ohnehin eine Verfassungsänderung zur Einführung eines Premierministers. Dieser Posten solle mit dem Hardliner Emmanuel Mnangagwa besetzt werden. Solche Planspiele sind Verhandlungsmasse für zukünftige Deals.
Um die Gespräche nicht jeglicher Perspektive zu berauben, wird der AU-Gipfel Mugabe wohl nicht öffentlich brüskieren. Auf internationaler Ebene dürfte der Druck jedoch steigen. Die G-8-Außenminister und die EU-Kommission haben die Stichwahl abgelehnt, Angela Merkel sprach von einer "Farce" und forderte Sanktionen. Die US-Regierung wird an diesem Montag im UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf für verschärfte Sanktionen einbringen. Dazu gehören "ein Waffenembargo gegen Simbabwe und ein Einreiseverbot für Regimeangehörige", sagte George W. Bush am Samstag.
Viele Chancen hat ein solcher Entwurf allerdings nicht. Unterstützt von Südafrika, verhinderten die Vetomächte China und Russland bereits am Freitag, dass der UN-Sicherheitsrat die Stichwahl in Simbabwe als "illegitim" bezeichnet und damit den Weg zu einer Nichtanerkennung Mugabes frei macht.
Indem er sich vor Mugabe stellt, bleibt Südafrikas Präsident Thabo Mbeki seiner Linie gegenüber Simbabwe treu. Das kann auch als Garantie für blühende Handelsbeziehungen bezeichnet werden. Denn ökonomisch ist Simbabwe von Südafrika abhängig.
Mehr als die Hälfte aller Importe in Simbabwe stammen aus Südafrika, und knapp ein Drittel aller Exporte geht ins südliche Nachbarland. Nicht nur in Simbabwe, auch in allen anderen Ländern der Region dominieren südafrikanische Supermarktketten wie Checkers und Shoprite, südafrikanische Handyanbieter und Banken die Konsumgüterwirtschaft. "Einige südafrikanische Firmen nutzen sogar die Krise, um große Portionen der simbabwischen Wirtschaft zu übernehmen", analysiert Shawn Hatting vom South Africa-Zimbabwe Relations Council. "Die unternehmerischen Geier lassen sich nieder, und das passiert auf Kosten von Simbabwes übrig gebliebener begrenzter Souveranität." Simbabwische Firmen machen ihre Geschäfte mit Südafrika oft auf Kreditbasis: Mugabes Regierung "hinterlegt" Landbesitz oder Firmenanteile als Bürgschaft.
Ausgerechnet in der vorigen Woche, kurz vor der Stichwahl, kündigte der ehemals südafrikanische und nun an der Londoner Börse notierte Bergbaugigant Anglo American an, über seine Filiale Anglo Platinum 400 Millionen US-Dollar in den Ausbau der Platinmine Unki in Simbabwe zu stecken - das Land hat große Vorkommen dieses seltenen Edelmetalls. Es wäre die größte Auslandsinvestition in der Geschichte Simbabwes. Anglo Platinum besitzt die Mine Unki zusammen mit der britischen Firma Camec, die einst im Umfeld der Kongo-Geschäfte der simbabwischen Militärelite und des mit Mugabe befreundeten weißen Geschäftsmanns Billy Rautenbach entstand. Anglo Platinum verkaufte im April Teile seines Platingeschäfts in Simbabwe an ein Konsortium aus Camec und dem simbabwischen Staatsunternehmen ZMDC.
Immer wieder ertönt der Ruf, Südafrika könne Mugabe zum Nachgeben bewegen, indem es Simbabwe den Strom abdrehe. Doch Fani Zulu, der Sprecher des staatlichen südafrikanischen Elektrizitätskonzerns Eskom, erklärt, die Lieferungen seien schon vor zwei Jahren eingestellt worden. Simbabwe ist lediglich für ein Drittel seines Strombedarfs auf Importe angewiesen und bekommt diese inzwischen größtenteils aus Mosambik, allein 200 Megawatt aus dem Wasserkraftwerk Cabora Bassa. Außerdem exportiert Simbabwe selbst Strom. Im März zahlte Namibia 40 Millionen US-Dollar, um Simbabwes größtes Kraftwerk Hwange zu modernisieren und die Lieferungen nach Namibia von 80 auf 150 Megawatt zu erhöhen. Nach eigenen Angaben plant außerdem China Investitionen in Höhe von 500 Millionen Dollar zur Steigerung der simbabwischen Stromproduktion.
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