: Nach Obervieland will niemand
■ Freie Schulwahl für Sek II verschiebt die Schülerzahlen nur wenig / Ausnahme: Obervieland
Bremens SchülerInnen durften in diesem Jahr zum ersten Male wählen, auf welche gymnasiale Oberstufe sie gehen wollten. Das Ergebnis: Keines der Sek-II-Zentren, die bei freier Schulwahl um ihre Existenz fürchteten, muß über drastisch gesunkene Anmeldezahlen fürchten. Geschlossen werden müßte allerdings das gerade neu eingerichtete Gymnasium Obervieland, denn nur 30 SchülerInnen aus zehnten Klassen wollen dort die Oberstufe besuchen. Aus dem Einzugsbereich dieses „Gymnasiums“ strebt die Hälfte der möglichen SchülerInnen weg, insbesondere zum Sek-II-Zentrum Huckelriede. Dort haben sich mehr Schüler angemeldet als die behördlich festgesetzte Kapazität erlaubt.
Erstaunlich ist die Abstimmung mit den Füßen gegen das neue Gymnasium auch aus anderen Gründen: Das Mini-Gymnasium hat schon zum letzten Schuljahresbeginn für seine kleine Schülerschar 10 Leistungskurse angeboten. Das heißt: Da gibt es für einzelne SchülerInnen praktisch Privatunterricht und Leistungskurse mit nur einer Handvoll SchülerInnen. Das neue Gymnasium, von der FDP gefordert, müßte eigentlich ganz oben auf der FDP-Sparliste stehen: einzügige Gy-Abteilungen, das betonen FDP-Haushaltspolitiker ohne Unterlaß, sind unverantwortlich teuer. Diesmal sitzen die Kritiker auf der anderen Seite: Die Sprecherin des Zentralelternbeirates, Marianne Isenberg, die immer schon gegen dieses Gymnasium war, hält es für einen Skandal, daß hier für nur wenige SchülerInnen Lehrpersonakl da ist, während an anderer Stelle für 40'er Klassen der Unterricht ausfallen muß. Die Schulbehörde versucht nun, von den Anmeldungen für Huckelriede einige nach Obervieland rüberzuschieben. Ob entsprechende Bescheide vor Gericht Bestand haben werden, wird sich zeigen müssen.
Oben in der Hitliste der Bremer Schulen steht, wenn es nach den Schüler-Wahlen geht, das Alte Gymnasium: 141 wollen dahin. Zum Sek-II-Zentrum Horn wollen 135, ans Gymnasium Hermann Böse-Straße 132. Ganz unten in der Skala steht hinter Obervieland das Sek-II-Zentrum Walle (66). Solche Zahlen sind natürlich nicht absolut zu nehmen - am Stadtrand liegende Schulen kommen wegen der Entfernungen für sehr viel weniger SchülerInnen überhaupt in Betracht.
Nur 4 Prozent der SchülerInnen werden nicht in die Schule ihrer Wahl gehen können. Die Schulbehörde, so erklärte der zuständige Referent Bruns, hat die Kapazitätsgrenzen für die einzelnen Schulen so festgelegt, daß keine ganz ohne SchülerInnen bleiben kann. Weil das Problem Obervieland bekannt war, ist die Grenze für Huckelriede zum Beispiel nicht auf 120, sondern auf 90 festgelegt worden. grundsätzlich ließen sich die 30 SchülerInnen, die ans Gymnasium Obervieland wollen, natürlich ohne Probleme in der Bremer Neustadt auf andere Schulen verteilen.
„Obervieland ist kein Wunschkind der FDP“, sagt Bildungssprecher Ulrich Berlin. Die FDP war bei der Debatte, wo links der Weser das durchgängige Gymnasium eingerichtet werden soll, immer für Huckelriede - und sieht sich durch die Wahl-Wünsche der SchülerInnen bestätigt. Schließung des Gymnasiums Obervieland wegen unverantwortlicher Kostenstruktur - „unbedingt“, sagt deshalb Berlin, allerdings nur mit der Konsequenz, in Huckelriede dieses Gymnasium einzurichten. Damit wäre die Bremer Schuldebatte wieder in voller Schönheit entbrannt. K.W.
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