Nach Mord an Ex-Premier Bhutto: Gewaltwelle erschüttert Pakistan
Schießbefehl für Polizisten, Busse in Flammen, Aufruf zum Generalstreik: Nach dem Mord an der Oppositionellen Bhutto eskaliert in Pakistan die Gewalt. Al Kaida bekannte sich zu dem Attentat.
KARATSCHI rtr/ap Nach dem Attentat auf die pakistanische Oppositionsführerin Benazir Bhutto ist es am Freitag erneut in zahlreichen Landesteilen zu Gewalt gekommen. In der am schlimmsten betroffenen Provinz Sindh im Südosten - der Heimatregion Bhuttos - erließen die Behörden einen Schießbefehl für die Sicherheitskräfte. In Hyderabad verletzte die Polizei fünf Menschen, als sie eigenen Angaben zufolge gegen gewalttätige Demonstranten vorging. "Auf jeden, der unschuldige Bürger und öffentliches Gemeingut angreift, wird sofort geschossen", sagte der dortige Innenminister Akhtar Zaman.
In der Provinzhauptstadt Karatschi erschoss ein Unbekannter einen Polizisten. Weitere drei Beamte wurden verletzt. Mitarbeitern von Krankenhäusern zufolge wurden in der Provinz seit Donnerstag insgesamt vier Menschen bei Unruhen getötet. Demonstranten protestierten im Bezirk Larnaka mit Sprechchören gegen Präsident Pervez Musharraf. Aufgebrachte Pakistaner steckten Hunderte Autos und mehrere Geschäfte in Brand. Auch ein stillstehender Zug stand in Flammen. Bei Protesten wurde Staatschef Pervez Musharraf von Anhängern Bhuttos als Mörder beschimpft.
Oppositionsführer Nawaz Sharif rief zu einem landesweiten Streik auf. Sharif und Bhutto hatten zuletzt zusammengearbeitet. Bhuttos Partei kündigte an, 40 Tage um die Spitzenpolitikerin zu trauern. Bhutto wurde inzwischen beigesetzt. Die Leiche der 54-Jährigen lag in einem schlichten Holzsarg, der am Familiensitz im Dorf Garhi Khuda Bakhsh an der Seite der sterblichen Überreste ihres Vaters beigesetzt werden sollte.
Musharraf rief die Bevölkerung zur Ruhe auf und ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Die Regierung will offenbar trotz Bhuttos Ermordung an den für den 8. Januar geplanten Wahlen festhalten. Übergangsministerpräsident Mohammedmian Soomro erklärte, es gebe derzeit keine Pläne die Wahl zu verschieben. Eine solche Entscheidung werde in Abstimmung mit allen politischen Parteien getroffen. "Im Moment bleibt es wie geplant bei den Wahlen", sagte Soomro auf einer Pressekonferenz. Er sei bereit, mit allen Parteien zu sprechen.
Im indischen Teil von Kaschmir kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und hunderten steinewerfenden Demonstranten, die gegen Bhuttos Ermordung protestierten. Die Polizei setzte Tränengas ein. Geschäfte und Unternehmen in dem vorwiegend von Muslimen bewohnten Kaschmir folgten dem Aufruf zu einem Generalstreik und blieben geschlossen. Die Polizei wurde in höchste Alarmbereitschaft versetzt.
Die US-Bundespolizei FBI und die Behörde für Heimatsicherheit schrieben in einer Mitteilung an die Strafverfolgungsbehörden, das Terrornetzwerk Al Kaida habe sich laut islamistischen Web-Seiten zu dem Selbstmordanschlag auf Bhutto bekannt. Die Nummer zwei der Organisation, Ajman al Sawahri, habe das Attentat demnach geplant. FBI-Sprecher Richard Kolko sagte, die Angaben auf den Webseiten würden geheimdienstlich geprüft. Über ihre Stichhaltigkeit könne noch nichts gesagt werden.
Bhutto war als Politikerin und Befürworterin von Säkularismus und Demokratie im Fadenkreuz praktisch aller militanten islamischen Gruppen in Pakistan. Dass sie in der Garnisonsstadt Rawalpindi, dem Sitz des Militär- und Geheimdienstapparats, dem Attentat zum Opfer fiel, rückte auch die Regierung ins Zwielicht. Sicherheitsexperten äußerten sich verwundert, dass es dem Attentäter gelingen konnte, bewaffnet und mit Sprengstoff versehen durch die Polizeiabsperrung zu schlüpfen.
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