Nach Katastrophe bei der Loveparade: Neue Vorwürfe gegen Adolf Sauerland
Wurde Duisburgs OB schon frühzeitig vor gravierenden Sicherheitsmängeln bei der Loveparade gewarnt? Das legen Dokumente nahe, die jetzt aufgetaucht sind.
KÖLN taz | Die Luft für Adolf Sauerland wird immer dünner. Zwei Wochen nach der Katastrophe bei der Loveparade, bei der 21 Menschen starben und mehr als 500 Menschen verletzt wurden, verstärken jetzt bekannt gewordene Dokumente den Verdacht, dass Duisburgs Oberbürgermeister entgegen eigenen Bekundungen frühzeitig über das Planungschaos bei der Veranstaltung informiert war.
Dies geht aus den vertraulichen Anhängen zu einem 32-seitigen Zwischenbericht der Stadt über das Unglück hervor, aus denen der Spiegel zitiert. So habe die Untere Bauaufsicht zehn Tage vor der Loveparade einen Brandbrief an den Veranstalter geschrieben, bislang gebe es weder einen Lageplan des Geländes noch ein zielorientiertes Brandschutzkonzept oder eine Endfassung des Sicherheitskonzepts. Eine Kopie des Schreibens ging laut Vermerk - "Büro OB z. Kts." - auch an Sauerland. Die Dokumente zeigen auch das große Entgegenkommen der Stadt gegenüber dem Veranstalter Lopavent, um die Loveparade unter allen Umständen stattfinden lassen zu können. Sauerland lehnt die Übernahme der politischen Verantwortung für das Fiasko ab.
Druck von der Bundepartei erhält jetzt die Duisburger Stadtratsfraktion der Grünen, die sich im Gegensatz zu den Fraktionen von SPD, Linkspartei und FDP gegen eine Abwahl des umstrittenen OB ausspricht. "Ich halte die Abwahl Sauerlands für unumgänglich, da er die politische Verantwortung trägt für das, was zu der Katastrophe geführt hat", sagte die grüne Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke dem Tagesspiegel. Ob Sauerland eine individuelle Schuld an der Katastrophe bei der Loveparade trage, sei "eine andere Frage, die juristisch zu klären ist".
Demgegenüber erklärte die grüne Ratsfraktion in Duisburg Ende vergangener Woche, sie beteilige sich "nicht an Vorverurteilungen und fordert nicht vorschnell Rücktritte, ohne dass die Frage nach den Ursachen für die Katastrophe geklärt ist". Sie lehne es ab, "jetzt ein Abwahlverfahren des Oberbürgermeisters einzuleiten". Der grüne Stadtdirektor Peter Greulich sprach sich ebenfalls dagegen aus: "Selbst wenn es nur darum geht, moralische Verantwortung zu übernehmen, muss dafür so etwas wie Schuld vorhanden sein." Greulich, der im Falle des Abtritts Sauerlands kommissarisch dessen Amtsgeschäfte weiterführen würde, soll erst eine halbe Woche nach dem Unglück seinen Urlaub abgebrochen haben.
Der Salzburger Weihbischof Andreas Laun urteilte unterdessen im Onlineportal kath.net, der Raverevent sei "objektiv eine Art Aufstand gegen die Schöpfung und gegen die Ordnung Gottes", sei "Sünde und Einladung zur Sünde".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
HTS als Terrorvereinigung
Verhaftung von Abu Mohammad al-Jolani?