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Nach Israels Baustopp-AufhebungSiedler bauen Hunderte neue Häuser

Trotzdem dies die Friedensgespräche behindert: An bis zu 600 Gebäuden wird im Westjordanland wieder gearbeitet. Israel wehrt sich gegen Kritik von Bischöfen am Umgang mit den Palästinensern.

Palästinensischer Arbeiter auf einer Baustelle in der jüdischen Siedlung Kiryat Arba nahe Hebron. Bild: ap

JERUSALEM/ROM dapd | Nach dem Ende des von der israelischen Regierung verhängten Baustopps errichten jüdische Siedler im Westjordanland offenbar mit Hochdruck neue Häuser. Die Arbeiten an bis zu 600 Gebäuden würden derzeit vorangetrieben, sagte ein ranghoher Vertreter der Siedler, der nicht genannt werden wollte. Ein weiterer Siedler sprach von 400 bis 500 Apartments, an deren Fundamenten gearbeitet werde. Der Bau neuer Siedlung ist derzeit das Haupthindernis, das einem Fortschritt bei den Friedensgesprächen zwischen den Palästinensern und Israel im Wege steht.

Am 26. September war ein zehnmonatiger Baustopp von der Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu nicht verlängert worden. Seitdem versuchen die Siedler offenbar, ihre Stellung im Westjordanland sprichwörtlich zu zementieren. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas weigert sich jedoch, die Gespräche mit Israel fortzusetzen, solange die Neubautätigkeit nicht gestoppt wird. Es habe keinen Sinn, über die Gründung eines palästinensischen Staates zu verhandeln, solange Israelis auf dem Gebiet, auf dem dieser entstehen solle, weiter ihre Siedlungen ausbauten.

Im Westjordanland leben 2,5 Millionen Palästinenser und etwa 300.000 Siedler, weitere 200.000 Israelis wohnen im umstrittenen Ostteil von Jerusalem. Sowohl das Westjordanland als auch Ostjerusalem sind seit dem Sechstagekrieg 1967 von Israel besetzt. Die Palästinenser wollen auf diesen Gebieten ihren Staat errichten.

Unterdessen ist der Süden Israels am Sonntag aus dem Gazastreifen mit drei Mörsergranaten beschossen worden. Es habe weder Verletzte noch Schäden gegeben, sagte eine israelische Armeesprecherin. Eine der Granaten sei auf einem Feld explodiert, die beiden anderen seien noch im Gazastreifen in hochgegangen. Seit Jahresanfang feuerten radikale Palästinenser aus dem Gazastreifen mehr als 120 Raketen und Granaten auf Israel. Der Gazastreifen wird von der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas kontrolliert.

Israel empört sich über Kritik katholischer Bischöfe

Empört hat Israels Außenministerium am Sonntag die Kritik der katholischen Bischöfe aus dem Nahen Osten an der israelischen Besatzungspolitik im Westjordanland zurückgewiesen. Keine israelische Regierung habe jemals Ungerechtigkeiten gegen Palästinenser mit der Bibel gerechtfertigt, sagte Außenamtssprecher Jigal Palmor. "Wer ohne Sünde ist, möge den ersten Stein werfen", setzte er hinzu. Außerdem sei Israel das einzige Land im Nahen Osten, in dem die christliche Gemeinde wachse. Er rief die Christen dazu auf, im Land zu bleiben. "Israel sieht ihre Anwesenheit als Segen an und bedauert ihren Rückgang in arabischen Ländern."

Bei einer Synode in Rom hatten die katholische Bischöfe Israel dazu aufgerufen, die UN-Resolutionen zu einem Ende der "Besatzung" palästinensischer Gebiete zu akzeptieren. In ihrem Abschlusskommuniqué fordern sie Israel außerdem dazu auf, nicht die Bibel zu benutzen, um damit "Ungerechtigkeiten" gegen die Palästinenser zu rechtfertigen. Zugleich wandten sich die Bischöfe aus der Krisenregion gegen Terrorismus und Antisemitismus.

Zu der zweiwöchigen Konferenz hatte Papst Benedikt XVI. die Bischöfe nach Rom gerufen. Hauptthema war die Lage der christlichen Minderheit in der muslimisch dominierten Region und die Abwanderung vieler Christen.

Benedikt sagte am Sonntag bei einer Messe im Petersdom zum Abschluss der Synode, ein Frieden im Nahen Osten sei möglich und der beste Weg, die Emigration von Christen aus der Region zu stoppen. Zugleich setzte er sich für mehr Religionsfreiheit in der Krisenregion ein. "Frieden ist mögllich. Frieden ist dringend notwendig", sagte das katholische Kirchenoberhaupt. "Frieden ist außerdem das beste Mittel, um eine Emigration aus dem Nahen Osten zu vermeiden."

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7 Kommentare

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  • T
    thilo

    @berthold: Typisch zionistische Apologetik. Das "Kassieren von Uno-Hilfe" ist also sittlich und wirtschaftlich "wertloser" als ein Jahrzehnte währender schleichender Genozid. Aha. Man fragt sich, wie man mit solchen Typen eine einigermaßen sachliche Diskussion führen soll.

  • K
    Kunibert

    Die Palästinenser können einem nur Leid tun.

     

    @ berthold: Demnach könnten die Palästinenser auch Siedlungen in Israel, bspw. in West-Jerusalem bauen? Gute Neuigkeiten.

  • S
    stauffenberg

    Man stelle sich mal vor, die Palästinenser würden mit Bulldozern israelische Siedlungen niederwalzen, isreaelisches Land an das eigene Volk verkaufen und dort Araber ansiedeln. Würde Israel in dieser Situation so gelassen bleiben? Wenn nicht, was also erwarten die Juden in der Region, was sie selbst nicht bereit wären zu geben?

  • MK
    Markus K.

    @Waltraud Staeck:

     

    Weil die Katholen circa 800.000 Juden vor dem Holocaust gerettet haben und sogar der Papst hatte Juden in seiner Residenz versteckt, das ist wohl die Erklärung warum es Israel möglich ist diplomatische Beziehungen zum Vatikan zu unterhalten.

    Du musst die Kahtolen ganz sicher nicht mögen aber bessere mal dein einseitiges Geschichtsbild etwas auf.

  • WS
    Waltraud Staeck

    "Friedensgespräche behindert"?

    Wer konstruktiv denkt und dies durch Fleiß und Kreativität praktisch umsetzt, hat fast immer schon Frieden gefunden und oft auch Wohlstand. Wer aber immer beleidigt ist und Attentate verübt, findet nicht einmal in der eigenen Seele Frieden und macht sich obendrein verhasst. Der konstruktive Teil der Palästinenser lebt seit Jahrzehnten im Frieden mit Israel.

     

    "katholische Bischöfe"?

    Seit ihrer Machtergreifung im antiken Rom vor rund 1700 Jahren haben die Katholenführer gegen Juden gehetzpredigt und den Boden für den Holocaust bereitet, bis hin zum schwarz-braunen Ermächtigungsgesetz vom 23. März 1933. Darum sollten bei Fragen zum Staat Israel Führer von Katholen und mitschuldige Schäfchen das Maul halten. Wieso aber der Staat Israel ausgerechnet mit dem Vatikan diplomatische Beziehungen unterhalten kann, ist mir ein Rätsel.

  • B
    berthold

    Siedlungen bauen und Plantagen anlegen ist sittlich und wirtschaftlich wertvoller als Selbstmordattentate und Kassieren von Uno-Hilfe. Konstruktivität hat mehr Legitimität als Destruktivität.

  • AB
    Amos Blumenkorn

    Siedler bauen Hunderte neue Häuser - auf dem Boden daß ihnen nicht gehört.

     

    Und die Deutschen - was machen die Deutschen, die die Hauptverantwortung für diesen Zustand tragen?

     

    Sie verkriechen sich hinter ihrer Geschichte.