piwik no script img

Nach Gewaltspirale in GazaIsrael diskutiert Neubesetzung

Die Gefechte zwischen Hamas und israelischer Armee nehmen kein Ende. Nach der jüngsten Eskalation erwägt Israel eine neue Besetzung des Gazastreifens - das galt zuvor als Tabu.

Nach israelischen Luftangriffen gleicht Gaza stellenweise einem Schlachtfeld. Bild: ap

Mindestens 18 Tote sind die Bilanz neuer Gefechte zwischen der israelischen Armee und der Hamas. Im Gazastreifen starben 15 Palästinenser, darunter ein fünf Monate altes Baby. Begonnen hatte die neue Spirale der Gewalt am Mittwoch, als israelische Soldaten fünf Hamas-Anhänger töteten. Die palästinensischen Kämpfer schossen darauf im Laufe des Tages über 50 Raketen auf Israel ab. Dabei wurde ein israelischer Zivilist getötet, was wiederum die Luftwaffe Angriffe gegen Gaza fliegen ließ. Bei der Bombardierung des palästinensischen Innenministeriums wurde auch ein benachbartes Gesundheitszentrum schwer beschädigt.

Im Westjordanland wurden zwei Mitglieder der militanten Al-Aksa-Brigaden, die der Fatah nahestehen, getötet. Angesichts der Eskalation, die einen schweren Schatten auf die Friedensverhandlungen zwischen Israel und der Palästinenserführung im Westjordanland werfen, entschied US-Außenministerin Condoleeza Rice, nächste Woche erneut nach Jerusalem zu reisen.

Der Raketenangriffe, die immer öfter Verletzte und Tote fordern, führen in Israel zu einer Stimmung für Gegenmaßnahmen. Täglich wächst der Druck auf die Regierung in Jerusalem. Sogar eine Neubesetzung des Gazastreifens, die seit dem Abzug 2005 als tabu galt, ist im Gespräch. "Die Reichweite, Genauigkeit und die Tragfähigkeit von Sprengladungen der Kassam-Raketen verbessert sich stetig", schreibt die Tageszeitung Maa-riw, die Vor- und Nachteile einer militärischen Großoffensive gegenüber einer Neubesetzung abwägt. Die auflagenstarke Jediot Achronot warnt, dass die "Hamas Zurückhaltung als Zögern" missdeuten könnte und "noch aggressiver reagieren wird".

Auch Jakob Edry, Minister für Immigrantenintegration, glaubt, dass Israel "nicht mehr weit von dem Tag entfernt ist, an dem wir gezwungen sind, den Gazastreifen neu zu besetzen". Der palästinensische Expremier Ismail Haniyeh (Hamas) nannte hingegen Israels "Angriffe auf unsere Kinder den Beweis dafür, dass die Besatzer unter Hysterie leiden". Die Führung im Westjordanland verurteilte beide Seiten für die Eskalation, die den Friedensprozess zu beenden droht.

"Seit Annapolis hat sich nichts verändert", stellte der palästinensische Außenminister Riad Malki am Donnerstag bei einer Konferenz des "Palästinensisch-israelischen NGO-Friedensforums" fest. In den drei Monaten seit dem Friedensgipfel halte Israel weiter an der Praxis von "Reisesperren, Straßenblockaden und Häuserzerstörungen" fest.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

3 Kommentare

 / 
  • G
    Gustav

    Ich empfehle diese brilliante Analyse von Herrn Uri Avnery, der zwar auch ein israelischer Nationalist ist (also ein Zionist), der aber zu den wenigen in seinem Land gehört, die erkannt haben, dass sich Israel nur dann dauerhaft in einem arabischen Nahen Osten wird halten können, wenn der Staat sich integriert und mit seinen Nachbarn einen Ausgleich sucht, den diese seit 2002 spätestens angeboten haben. Die Mentalität, gewissermaßen ein Fort im Indianerland zu sein, wird dem Judenstaat keinen Frieden bringen.

     

    Ein Ende das absehbar ist:

     

    http://zmag.de/artikel/ein-ende-das-vorauszusehen-ist

  • D
    Dimitrij

    Weil er von einer Katastrophe gesprochen hat, was auf Hebräisch Schoa heißt, DIE Katastrophe wird in andere Sprachen mit "Holocaust" übersetzt. Ein Fall von Dummheit bei der Wortwahl. Der Mann sollte zurücktreten.

     

    Lesen Sie mal die Sueddeutsche.de, die haben einen noch einseitigeren Artikel veröffentlicht.

  • K
    kdn

    In keiner Deutschen Zeitung habe ich gelesen, was der israelische Verteidigungsminister wirklich gesagt hat, nämlich:

     

    Der stellvertretende israelische Verteidigungsminister Matan Wilnai droht den Palästinensern mit einem «Holocaust».

     

    http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/ausland/846816.html

     

    Wieso nicht?

    KdN