: Na ja, allen anderen geht’s ja gut
betr.: „Berliner Zimmer“ (Eine Familie im Wedding haut aus ihrer Wohnung ab), taz vom 21. 2. 02
Wie schlecht muss es einem Kind in diesem besch… Land denn gehen, bevor sich jemand darum kümmert, dass es bessere Lebensbedingungen bekommt? Oder ist das für Wedding noch gut, denn es wird ja nicht geschlagen (tatsächlich nicht?) oder sonstwie misshandelt?
Hätte ich nach weiteren Argumenten für ordentliche Ganztagsschulen, bessere Grundschulen, bessere Kitas gesucht, hier hätte ich sie gefunden. Einem Kind wie „Marcel“ könnte in einem guten, fürsorglichen staatlichen Bildungssystem geholfen werden. Fällt es niemandem auf, wenn ein Kind erst mit sieben sprechen kann? Oder nachmittags allein auf der Treppe sitzt? Wissen die Nachbarn, dass sie das Jugendamt einschalten könnten? Und ein Sozialstaat, der den Namen verdient, kümmert sich auch anders um Eltern – dass Zahlungen des Sozialamts nicht reichen, sondern offenbar auch eine Betreuung nötig ist, um Menschen zu helfen, sollte bekannt sein.
Na ja, allen anderen geht’s ja gut, und in ein paar Jahren können wir uns darüber aufregen, dass junge Menschen mit einer ähnlichen Kindheit wie „Marcel“ uns das Leben schwer machen … und ändern wird sich eh nichts, oder? SILVIA TWARDAWA-LÜTH
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