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NPD-Aufmarsch am 1. MaiDie Quadriga im Blick

Autonome dürfen am 1. Mai gen Brandenburger Tor ziehen. Die NPD ruft zum Aufmarsch in Schöneweide – Tausende wollen das mit Blockaden verhindern.

Zumindest bis in Sichtweite des Brandenburger Tor soll die 18-Uhr-Demonstration am 1. Mai ziehen dürfen. Bild: dpa

Sie dürfen bis kurz vors Brandenburger Tor: Polizei und Autonome haben sich geeinigt, die abendliche „Revolutionäre 1. Mai“-Demonstration in diesem Jahr von Kreuzberg nach Mitte zu führen. Endpunkt ist in Sichtweite des Pariser Platzes.

Die Gespräche seien abgeschlossen, bestätigte ein Polizeisprecher. Die Demonstration werde Unter den Linden Ecke Schadowstraße enden. Michael Prütz, Sprecher des Demo-Bündnisses, sagte, man ziehe bewusst ins Regierungsviertel, um dort die deutsche EU-Krisenpolitik zu kritisieren. „Wir wollen dahin, wo die Entscheider sind.“ Merkel hinterlasse in Europa eine „Spur der sozialen Verwüstung“. Auch eine griechische Delegation werde mitlaufen.

Der Aufzug startet nun um 18 Uhr am Spreewaldplatz in Kreuzberg, unweit der seit Dezember von Flüchtlingen besetzten früheren Hauptmann-Schule. Auch die Asylbewerber wollen sich an der Demo beteiligen. Die soll mit einem Nordschlenker über die Köpenicker Straße zum Moritzplatz und über die Oranien- und Wilhelmstraße erst zum Bundesfinanzministerium ziehen, dann bis Unter den Linden. Ursprünglich wollten die Anmelder direkt bis zum Pariser Platz, zur Vertretung der Europäischen Kommission. Dort aber, hieß es aus der Polizei, werde der DGB dann noch die Bühne für seine 1. Mai-Kundgebung abbauen.

Ob die Linken tatsächlich bis zum Ziel kommen, bleibt aber abzuwarten. Auch im letzten Jahr war der Aufzug in die Stadtmitte genehmigt, damals nur bis zum Leipziger Platz. Bereits vorm Jüdischen Museum stoppte die Polizei die Demo jedoch und begründete dies mit Steinwürfen. Die Autonomen sprachen dagegen von einem gezielten Angriff. Dieses Jahr kündigten sie bereits an, mit „kreativen Massenaktionen“ zu reagieren, sollte der Aufzug erneut aufgehalten werden. Sprecher Prütz sagte, er gehe aber davon aus, dass „die Polizei die Demo so stattfinden lässt, wie sie auch genehmigt wurde“.

Kritik aus der autonomen Szene gibt es allerdings auch. „Spätestens ab der Köpenicker Straße wird die Demo dem Kalkül der Bullen ausgeliefert sein“, heißt es in einem linken Internetforum. Mit der Erfahrung aus dem Vorjahr sei die Strecke eine "Unverschämtheit". Man behalte sich vor, „nicht die gesamte Route mitzulaufen“.

Bereits eine Stunde vor der 18-Uhr-Demo soll es in Kreuzberg einen unangemeldete Aufzug gegen steigende Mieten geben, Startpunkt am Mariannenplatz. Man sehe nicht ein, heißt es in einem Aufruf, „ausgerechnet bei denjenigen um Erlaubnis zu fragen, die für die derzeitige Entwicklung von explodierenden Mieten zuständig sind“.

Die Polizei will sich zu ihrem Einsatzkonzept am 1. Mai noch nicht äußern. Ein Sprecher verwies auf eine Pressekonferenz von Polizeichef Klaus Kandt und Innensenator Frank Henkel (CDU) am Freitag. Klar aber ist: Die Polizei wird wie im letzten Jahr mit 7.000 Beamten im Einsatz sein. Auch an der Deeskalationsstrategie wird nicht gerüttelt.

Und die Beamten sind bereits am Vorabend gefordert. In der Walpurgisnacht wollen Linke im Wedding gegen Gentrifizierung demonstrieren, parallel auch in Schöneweide gegen Neonazi-Läden. Am 1. Mai wird dort auch die NPD aufkreuzen. Tausende wollen das mit Sitzblockaden verhindern.

Eine zweite Anmeldung der NPD in Marzahn sei inzwischen zurückgezogen, sagte ein Polizeisprecher der taz. Damit wird die rechtsextreme Partei sicher nach Schöneweide kommen. Ab 12 Uhr ruft sie ihre Anhänger zum dortigen S-Bahnhof. Erwartet werden bis zu 500 Neonazis. Wohin die Partei laufen werde, sei noch in Absprache, so die Polizei. Nach taz-Informationen planen die Einsatzführer den Aufzug bisher über die Brückenstraße zu führen, dann auf die Griechische Allee, Firlstraße und zurück zum Bahnhof Schöneweide.

„Wir wollen ihnen erst gar nicht die Möglichkeit zum Aufmarsch geben“, sagt dagegen Jan Landers, Sprecher des Blockadebündnisses. Bereits um 9 Uhr wollen sich die Gegendemonstranten an den S-Bahnhöfen Ostkreuz und Neukölln sammeln. Ab 10 Uhr, so Landers, werden man dann „alle Straßen um den Bahnhof Schöneweide mit Sitzblockaden dichtmachen“.

Unterstützung kommt dabei aus dem Bundestag. Auf einer Kundgebung sollen die Abgeordneten Eva Högl (SPD), Hans Christian Ströbele (Grüne) und Petra Pau (Linke) sprechen. Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) will kommen. Er saß bereits 2010 auf der Straße, als die NPD zuletzt versuchte, am 1. Mai aufzumarschieren – und am Gegenprotest scheiterte.

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6 Kommentare

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  • M
    Malte

    @ super

     

    Polizeiuniformen scheinen ja auch keinen allzu großen Respekt mehr einzuflößen. So ein altgedienter Berliner Hauptkomissar, ein erfahrener Straßenkampfveteran, sollte hier mal seine Heldengeschichten zum 1. Mai zum besten geben. So Richtung: "Er stand dann irgendwann ganz alleine da. Wo waren die Kollegen? Ihm gegenüber ein aggressiver Mob der berühmt- berüchtigten Berliner Antifa Mafia. Was mache ich jetzt? Eigentlich klar: ich werde nicht weichen! Ich ging also mit entschlossenem Blick und meiner rechten Hand am Colt, der Meute entgegen. Flaschen und Steine hagelt auf mich nieder. Sie prallten an meinem Körper ab, als seinen sie Wassertropfen. Meine Schritte wurden schneller, ich fing an zu rennen und vielleicht überrascht von so viel Entschlossenheit, fingen die Autonomen an, zu rennen. Nicht auf mich zu, sondern weg von mir. Der Mob zerstreute sich und die Passanten am Rande jubelten mir zu."

  • D
    demoende

    Nocheins ist doch schon jetzt mal klar:

    die Demo wird NIE IM LEBEN auch nur in der Nähe des Pariser Platzes ankommen.

  • D
    dobermann

    eine groteske vorstellung: tausende autonome beispielsweise neben dem adlon.

     

    bei der demoroute gibt es definitiv ein vorzeitiges ende. bestimmt net wegen randale, aber ein polizeientscheider lässt den zug doch niemals, bis in regierungsviertel ziehen.

     

    theoretischen - haben die leute von der revolutionären 18.00 h demo jetzt das recht dazu - praktisch wird es ihnen aber niemals gewährt.

  • H
    horst

    @ super

     

    Eins ist doch mal schon vorher klar: Die Demostrecke wird zwar erlaubt, aber so nicht umgesetzt werden. Schuld hat dabei nie die Polizei. Die stehen für Recht und Ordnung. Schuld haben immer die Autonomen.

     

    Wette an die Leser hier:

     

    Ich wette, keiner von Euch kann mir einen Fall belegen, bei der die Polizei Agent Provocateurs auf Nazidemos eingesetzt hat.

     

    Bin gespannt.

  • Q
    "Naseweis"

    Die große Bühne des DGB zur "Mai-Kundgebung" befindet sich aber nicht auf dem Pariser Platz, sondern auf dem "Platz des 18. März", westlich des Brandenburger Tors. Im Westen wird alles abgebaut, nicht im Osten.

     

    Außerdem: Die "Vertretung der Europäischen Kommission" oder das "Europäische Haus" in Berlin könnte am diesjährigen 1. Mai ja mal 10.000 Exemplare des "Lissabon-Vertrags" an autonome Demonstrierende bzw. gewerkschaftlich Kundgebende verteilen. Oder mitten auf dem Pariser Platz - dort an die vielen neugierigen "1.-Mai-Touristen!

     

    Diese dicke Schwarte von rd. 500 Seiten kennt und liest nämlich oder versteht nämlich kaum einer oder hat sie im Bücherschrank zu stehen!

     

    Und auf die Europa-Wahlen 2014 aufmerksam machen!

     

    Dann bekommen die Europa-Diskussionen einen sachlichen und hoffentlich möglichst greifbaren Bezug einschließlich der sehr bürokratischen, "fachchinesischen" Textformulierungen in diesem Vertrag und Verständnisfragen bei Diskussionen können nicht mehr mit "Komplexität" und "Kompliziertheit" abgewehrt und gekillt.

  • S
    super

    Eins ist doch schon jetzt mal klar:

    Schuld hat die Polizei!