NOCH IMMER TUT DEUTSCHLAND ZU WENIG, ZU SPÄT UND ZU UNWILLIG : Symbolik hilft im Kongo nicht
Die Bundesregierung hat es sich mit dem Kongo sehr einfach gemacht. Sie dachte nicht nur, dass die Entsendung von Sanitätern und Logistikern nach Uganda einen überzeugenden Beitrag zum Eingreifen gegen ethnische Massaker in der Demokratischen Republik Kongo darstellt. Sie ging offenbar auch davon aus, dass dieser doch sehr symbolische Anteil des größten EU-Mitgliedslandes an einer EU-geführten Militärmission ausreicht, um die Debatte über Deutschlands Rolle beim internationalen Vorgehen gegen den Krieg im Kongo zu beenden. Weit gefehlt. Die Ausweitung der Konflikte dort macht ein erneutes Wegsehen unmöglich.
Ausgerechnet die zwei größten deutschen Hilfswerke im Ostkongo, die Deutsche Welthungerhilfe und das Malteser Hilfswerk, stehen dieser Tage in den Regionen Ituri und Kivu an der Kriegsfront. Manche ihrer Aktivitäten zur Versorgung von Kriegsopfern und Vertriebenen mussten sie einstellen, bei anderen ist diplomatisches Geschick nötig, um im Wechsel der Allianzen und Warlords in Ruhe gelassen zu werden. Neuverhandlungen mit der Bundesregierung und anderen Gebern über die weitere Finanzierung und die eventuelle Ausweitung der humanitären Nothilfe im Ostkongo sind fällig.
Anders als bei den Soldaten am Viktoria-See in Uganda geht es bei der Tätigkeit der Hilfswerke im Kongo um Entscheidungen, von denen unmittelbar Menschenleben abhängen. Das kostet vermutlich viel weniger als die 10,5 Millionen Euro, die für den Bundeswehreinsatz vorgesehen sind. Aber im Zeitalter der Haushaltskürzungen und Sparzwänge bedarf es schon besonderen politischen Willens, damit ein deutsches Ministerium zusätzliches Geld ausgibt. Ist es also vermessen, von der Bundesregierung zu erwarten, dass sie ein Konzept für ihre Politik im Kongo vorlegt, anhand dessen sie ein verstärktes Engagement auf humanitärer Ebene begründet und in einen politischen Rahmen stellt?
Jenseits dieser Frage stellt sich eine weitere, bei der es Entscheidungsbedarf von deutscher Seite gibt. Die UN-Mission im Kongo soll ab Ende dieses Monats mit einem neuen, hoffentlich kräftigeren Mandat ausgestattet werden und ihre Truppenstärke deutlich erhöhen können. Es wäre ein Zeichen des Engagements, wenn die Bundesrepublik Deutschland sich an dieser verstärkten Mission beteiligen würde. 350 deutsche Blauhelmsoldaten im Kongo, die etwas Sinnvolles zu tun haben, würden dem Land unmittelbar mehr nützen als der jetzt anlaufende Uganda-Einsatz. Aber deutsche Militäreinsätze unter UN-Kommando bleiben die Ausnahme – trotz aller Rhetorik über die notwendige Stärkung der Weltorganisation. DOMINIC JOHNSON