NICK REIMER ZUR NEUEN ERHEBUNG DER IEA : Öldurst und Klimawandel
Armutsbekämpfung geht nur mit Wirtschaftswachstum. Beleg für diesen Lehrsatz ist China, das mit zweistelligen Wachstumsraten binnen einer Dekade die Zahl der Menschen in Armut halbierte. Wirtschaftswachstum ist proportional zum Energieverbrauch: Je mehr eingesetzt wird, desto größer ist die Rate. Insofern ist die Erhebung der Internationalen Energieagentur IEA eine gute Nachricht: Erstmals haben die Entwicklungsländer einen höheren Ölverbrauch als die Industriestaaten.
Steigendes Wirtschaftswachstum bedeutet leider aber auch steigende Treibhausgas-Emissionen. Die Wissenschaft sagt, dass eine Konzentration von 420 ppm in der Atmosphäre gerade noch vertretbar sei. Jenseits dieser Schwelle gerät die globale Erwärmung außer Kontrolle. Nicholas Stern, ehemals Chefökonom der Weltbank, hat berechnet, dass dies mehr Schaden anrichtet als die Weltkriege I und II zusammen.
Dieser Tage gab die UNO bekannt: Die Marke von 400 ppm ist überschritten. Dank des großen Wachstums in Schwellen- und einigen Entwicklungsländern – und des hohen Verbrauchs der Industriestaaten – steigt die Konzentration um 2 bis 3 ppm pro Jahr. Einfache Mathematik reicht aus, um vorherzusagen, wann die weltkriegshafte Verheerung über uns kommt.
Abhilfe schaffen kann nur ein neuer Weltklimavertrag, der erstmals alle Staaten mit Reduktionspflichten belegt. Das aber würde erstens bedeuten, dass die UN-Klimaverhandlungen, die im Juni in Bonn beginnen, von den Staats- und Regierungschefs endlich ernster genommen werden. Und zweitens voraussetzen, dass wir in den Industriestaaten endlich mit glaubhaftem Klimaschutz beginnen. Schließlich können nicht alle auf der Welt so leben wie wir Deutschen. Obwohl sie dazu ein Recht hätten.
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