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Archiv-Artikel

NICHT BRANDENBURG IST SCHLECHT, SONDERN SEINE REGIERUNG Einer ist immer beleidigt

Brandenburg, meint SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck, sei gar nicht so schlecht wie sein Ruf. Da hat er Recht. Brandenburg ist nicht schlecht. Aber die Regierung ist es. Jahrelang gefielen sich die Ministerpräsidenten Stolpe und Platzeck als „Landesväter“ darin, ihren Wählern wie staunenden Kindern große Geschenke zu machen: die Chipfabrik, den Cargolifter oder den Lausitzring. Und die Brandenburger fühlten sich wohl bei dieser Inszenierung; da durfte nicht wahr sein, was offensichtlich war: dass sich die Großprojekte nicht realisieren ließen.

Das war nicht nur teuer, es hat auch die Erkenntnis verzögert, dass es mit Großgeschenken nicht getan ist. Fördergelder können die Bewohner unterstützen, aber ihre Eigeninitiative nicht ersetzen. Platzeck weiß das, und inzwischen sagt er es auch. Das ist schön, nur kommt es zu spät – und so recht interessiert es niemanden mehr. Die Brandenburger haben das Vertrauen in ihre Politiker verloren und die Kommunalwahlen im Herbst mehrheitlich ignoriert. Und sie ziehen weg: nach NRW, Bayern oder Baden-Württemberg.

Nun könnten Platzeck und seine Mannschaft eine innovative Agrar- oder Bildungspolitik versuchen. Über schützenswerte Natur verfügt Brandenburg in großen Flächen – und mit der Viadrina in Frankfurt über ein wirklich grandioses Projekt. Doch die große Koalition blockiert sich selbst. Platzeck und sein CDU-Vize Jörg Schönbohm führen es vor: Einer von beiden ist immer beleidigt. Und alle verteidigen ihre Pfründen. So leistet sich Brandenburg von allen Flächenländern die meisten Polizisten – Innenminister Schönbohm besteht darauf. Auch in Brandenburg bekommen die Menschen eben die Regierung, die sie verdienen. Am 19. September 2004 wird der Landtag gewählt. Vielleicht geht ja jemand hin.

HEIKE HOLDINGHAUSEN