NEUES QUALITÄTSSIEGEL: VERBRAUCHERSCHUTZ ZU GUT GEMEINT : Eine Nische für Entscheidungshilfe Nr. 201
Biosiegel, Finanztest-Note, Transfair-Logo, Stromkennzeichnung – in Deutschland stürzen ungefähr 200 zertifizierte Entscheidungshilfen auf den Kaufwilligen ein. Das ist gut so, denn die Welt der Produkte ist ständig in Bewegung und ihr Werbemotor sucht beständig unsere Sinne zu verkleistern. Da sind Qualitätshinweise unentbehrlich. Seit gestern gibt es nun mit „EcoTopTen“ das 201. Siegel. Das aber ist schlecht. Gut ist nämlich nicht immer, was gut gemeint ist – „EcoTopTen“ beweist das trefflich.
Ein sperriger englischer Begriff, dazu ein Logo, das nach Consultingfirma aussieht, ferner viel zu geringe Finanzmittel für seine breite Propagierung – „EcoTopTen“ wird sich nur schwerlich als Marke auf dem Markt der Verbraucherschützer etablieren lassen. Problem Nummer 1 der neuen Entscheidungshilfe: Solange sie nur ein Nischendasein führt, wird sie für mehr und nicht für weniger Verwirrung sorgen. Problem Nummer 2 ist der Vertriebsweg: „EcoTopTen“ wird nicht als Siegel von Produkten prangen, nicht in einschlägigen Verbrauchermagazinen publiziert. Die von „EcoTopTen“ empfohlene Einkaufsliste ist nur im Internet abrufbar. Fraglich, ob der potenzielle Käufer eines Wasserkochers da vorbeischaut, bevor er zahlt. Problem Nummer 3: Statt Kräfte zu bündeln und Marken zu stärken, sorgt „EcoTopTen“ auf dem Tester-Markt für weitere Konkurrenz. Blauer Engel oder Umweltsiegel – wünschenswert ist, die anerkannten Kaufhilfen weiter zu entwickeln. Hohe Qualität, gute Umweltwerte und vernünftigen Preis zu kombinieren – dieser Ansatz von „EcoTopTen“ ist brauchbar. Doch zu seiner Umsetzung brauchen wir kein eigenes Label.
Das führt zu Problem Nummer 4: dem Verbraucherministerium. Während das Haus Künast noch „EcoTopTen“ vorstellte, arbeitet die Fachabteilung schon an ihrem nächsten Produkt: dem „nachhaltigen Warenkorb“. Seine Idee: sämtliche empfehlenswerten Siegel und Entscheidungshilfen aufzulisten. „EcoTopTen“ wird dabei sein. Wir aber wollen neue Siegel nur, wenn sie mindestens zehn alte ersetzen. NICK REIMER