NEUES DENKEN : Grünes Navi
Die Stadt Stuttgart kann sich mit vielen Erfolgszahlen rühmen, vor allem wenn es um die florierende Wirtschaft und die niedrige Arbeitslosigkeit geht. Ganz anders sieht es bei der Luftqualität aus. Denn durch die baden-württembergische Landeshauptstadt führt die dreckigste Straße Deutschlands. Am sogenannte Neckartor, an dem die B 14 vorbeiführt, werden regelmäßig die höchsten Feinstaubwerte gemessen.
Stuttgarts grüner Oberbürgermeister Fritz Kuhn ist damit angetreten, das Problem zu lösen – und kann nun auf eine neue Idee hoffen, mit der die Stadt künftig die Routen von Navigationssystemen steuern könnte. Seit einem Monat arbeitet das ITS Baden-Württemberg an dieser Möglichkeit. ITS steht für Integrierte Telematik-Systeme und ist ein Zusammenschluss von Firmen, Forschungseinrichtungen und öffentlichen Institutionen. Mit finanzieller Hilfe von Stadt und Land will es einen Datenprozess entwickeln, mit dem Großstädte über ihre Verkehrsleitzentralen den Stadtverkehr besser lenken können.
So könnten etwa kurzfristig bei Unfällen oder Großereignissen die Routen geändert werden oder eben bei zu hoher Schadstoffbelastung. „Ich mache den privaten Anbietern von Navigationsgeräten keinen Vorwurf. Aber die haben vom Innenleben der Städte ja gar keine Ahnung“, sagt Günter Sabow, Geschäftsführer des ITS. „Das Projekt ist deshalb von allergrößter Bedeutung. Denn das Problem gibt es ja nicht nur hier in der Region, sondern ist überall das gleiche.“ Bis Ende nächsten Jahres soll die Entwicklung abgeschlossen sein. Die Projektsumme beläuft sich auf 630.000 Euro.
Wie viel das Projekt aber am Ende bringen kann, darüber mag Sabow noch keine Prognose abgeben, denn er weiß ganz genau, dass es eine Komponente gibt, die er nur schwer steuern kann: den Autofahrer selbst. „Wie können wir den Autofahrer tatsächlich dazu bringen, die gewünschte Route zu nehmen?“, fragt sich Sabow und denkt dabei vor allem an Berufsfahrer, die meist nach Gewohnheit fahren. Zudem sei auf den kleinen Bildschirmen nicht allzu viel Platz für ausführliche Informationen. „Wir müssen uns gut überlegen, wie wir die Routenänderung plausibel vermitteln können, damit der Fahrer weiß, dass es für ihn und für die Stadt eine dringende Wahl ist und keine Spielerei.“ NADINE MICHEL