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NEUE PENSIONSFONDS IM RHEINISCHEN KAPITALISMUSDie Altersrisiken der neuen Mitte

Etwas Risiko im Leben möchte schon sein. Das prickelt und ist modern. Aber wenn es kritisch wird, soll es bitte nicht gleich um Kopf und Kragen gehen. Neue Mitte: Manchmal scharrt man mit den Hufen, ist aber im Prinzip grundsolide – unter Berücksichtigung dieser Bedürfnisse hat die rot-grüne Regierung die Pensionsfonds ausgestaltet, die ab Anfang nächsten Jahres das Spektrum der betrieblichen Altersversorgung erweitern sollen und nun vollständig aus Aktien bestehen dürfen.

Auch mittels ihrer Betriebsrenten dürfen die Deutschen also in Zukunft an der Börse spekulieren (lassen). Die Regierung lockt sie mit dem Versprechen auf Rendite, um die eigene staatliche Altersversorgung zu entlasten, und spannt zugleich das soziale Netz auf: Auch im Falle größerer Kursverluste an den Börsen, die auf die Depots der Pensionsfonds durchschlagen und die Alterszahlungen gefährden könnten, sollen die Aktienrentner mindestens das wieder herausbekommen, was sie eingezahlt haben. Das garantiert das Kollektiv der deutschen Wirtschaft – diejenigen 40.000 Unternehmen, die dem Pensions-Sicherungs-Verein angehören, der sinnfälligerweise in Köln residiert.

Der rheinische Kapitalismus ist nicht totzukriegen. Es mag noch so viel über Neoliberalismus geredet werden, die deutsche Spielart des Korporatismus hat sich wieder einmal durchgesetzt. Die Gewerkschaften ködern ihre Mitglieder mit einem Paket aus Rendite und Sicherheit. Auch die Unternehmer bekommen, was sie wollen, denn dank der zugleich eingeführten neuen kapitalgestützten Privatrente halten sich ihre Beiträge zur Sozialversicherung und damit ihre Kosten in Grenzen. Dafür sind die Firmen bereit, den Empfängern die Eigenbeiträge für ihre Betriebsrenten zu garantieren. Und die Bundesregierung gießt all das in eine Verordnung.

So haben die Lobbyverbände der Beschäftigten und Unternehmer sowie die Parteien, die die Regierung tragen, allen Grund, zufrieden zu sein. Es ist ihnen gelungen, das angelsächsische Modell einer liberalisierten Altersversorgung mit sozialstaatlichem Sicherheitsdenken zu verknüpfen. Ihre eigentliche Leistung besteht darin, in der Öffentlichkeit etwas als Privatisierung der Sozialpolitik zu verkaufen, dem doch ein kollektiver Sicherheitsmechanismus zugrunde liegt. HANNES KOCH

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