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Archiv-Artikel

NATO-TAGUNG: EIN EINSATZ IM IRAK GINGE NUR OHNE US-OBERBEFEHL Chance für eine Richtungsentscheidung

Die Türkei hat sich bereit erklärt, auch noch drei Militärhubschrauber zu stellen, und so kann nun wenigstens der unmittelbare Bedarf der Nato-geführten Sicherheitstruppe Isaf in Afghanistan gedeckt werden. Wenn das kein Erfolg für die mächtigste Militärallianz der Weltgeschichte ist. Das absurde Tauziehen über den Einsatz einiger Helikopter in einem Land, das der Westen noch vor kurzem als die größte Gefahr für den Weltfrieden betrachtet hat, wirft ein Schlaglicht auf die globale Situation: Seit dem Ende des Kalten Krieges geht es bei möglichen Nato-Operationen niemals mehr in erster Linie um militärische Kapazitäten. Sondern immer um die politischen Absichten, die dahinter stehen. Der Irak bildet da keine Ausnahme.

Die USA haben dort die Schwierigkeiten unterschätzt. Dabei ließe sich die militärische Lage auch weiterhin mühelos unter Kontrolle bringen: Die Vereinigten Staaten verfügen über Atombomben jeder gewünschten Sprengkraft, der Irak besitzt offenbar nicht einmal andere Massenvernichtungswaffen. Der politische Flurschaden, den ein Nuklearangriff nach sich zöge, wäre jedoch so groß, dass er sich auch dann verbietet, wenn man über ethische Fragen nicht weiter nachdenken möchte. Anders ausgedrückt: Die USA lernen gerade, dass sie das internationale Meinungsklima selbst dann nicht ignorieren könnten, wenn sie ihren Verteidigungshaushalt verdreifachten. Vor diesem Hintergrund muss präzise definiert werden, wovon eigentlich die Rede ist, wenn über ein mögliches Nato-Engagement im Irak gesprochen wird.

Was die USA darunter verstehen, ist klar: Unterstützung für ihre Politik, verbunden mit der Hoffnung, wenigstens einige amerikanische Soldaten durch andere Truppen ersetzen zu können. Ein verständlicher Wunsch, dessen alleinige Erfüllung jedoch nicht im Interesse der europäischen Kriegsgegner liegt.

Dies ist nicht das einzig vorstellbare Szenario für eine Nato-Operation im Irak. Denkbar wäre auch eine Mission mit UN-Mandat, bei der ein US- Oberbefehl ausgeschlossen wäre. Eine solche Entscheidung hätte Signalwirkung für jene irakischen Kräfte, die ein Ende des Krieges herbeisehnen, eine fremde Besatzungsmacht aber ablehnen. Reine Traumtänzerei? Völlig illusorisch? Die USA würden dem niemals zustimmen? Dann eben nicht. Es gibt keine andere Organisation als die Nato, die wenigstens logistisch befähigt wäre, eine geordnete Übergabe an eine Zivilregierung militärisch abzusichern. Wenn das denn überhaupt noch geht. Vor diesem Hintergrund ist es nicht Europa, das sich irgendwann entscheiden muss. Sondern Washington. Immer vorausgesetzt, Berlin und Paris behalten die Nerven. BETTINA GAUS