piwik no script img

NACHRUFWalter Dirks ist tot

■ 90jährig starb der Linkskatholik und Publizist/ Seine „Frankfurter Hefte“ waren ein Forum für linke Positionen

Berlin (taz) — 39 Jahre gab er zusammen mit Eugen Kogon die 'Frankfurter Hefte‘ heraus. Zu seinen wichtigsten Büchern gehört „Die zweite Republik“ (1947). Ein Nachruf von Ekkehart Krippendorf.

Die Bundesrepublik — aber auch das heutige Deutschland — messen, heißt sich vorstellen, was aus diesem Land hätte werden können: nicht im Sinne weltfremder Utopien, sondern als realhistorische Möglichkeit. Walter Dirks: Das war, gemeinsam mit Eugen Kogon, das Projekt der 'Frankfurter Hefte‘ und der Versuch eines links-katholischen und zugleich republikanisch-radikaldemokratischen deutschen Wiederaufbaus — das Alternativprojekt zu dem des rheinischen Großbürgers und Freundes des westdeutschen Industrie- und Finanzkapitals, Konrad Adenauer. Mit Erfolg blockierte Adenauer den Intellektuellen, dessen alleinige Stärke in der moralischen Integrität und der Kraft seiner Argumente für einen christlich-sozialistischen Neubeginn lag, den politischen Einfluß im neuen Deutschland. Mit der raschen Restauration im Gefolge des Kalten Krieges war Walter Dirks und die politische Chance, die er verkörperte, ausgegrenzt worden — aber nicht stumm. Seine Kommentare und Analysen in den 'Frankfurter Heften‘, diesem einzigartigen kritischen Hoffnungsträger linker Positionen in den 50er und 60er Jahren sind Höhepunkte der deutschen Nachkriegspublizistik, die uns allen — kritischen Kommentatoren und Lesern von Meinungskolumnen — Maßstab und Vorbild bleiben sollten, auch wenn es die Rückkehr zu den Dierk'schen politischen Hoffnungen nicht mehr geben kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen