: Muster der Mobilmachung
Hans-Werner Kroesinger macht mit „Road to Baghdad“ Kriegsrhetorik bühnentauglich
Seine Bühnenarbeit wird geleitet von einer politischen Auffassung des Schauspiels: Der Regisseur, Autor und Produzent Hans-Werner Kroesinger ist seit Jahren eine feste Größe in Berlins freier Theaterszene. Derzeit gastiert er mit sein Ensemble in der Schwankhalle Bremen – mit „Road to Baghdad“, dem dritten Teil einer Montage-Trilogie zum Golfkrieg taz: Wir haben Krieg auf allen Kanälen. Warum muss man ihn jetzt auch ins Theater bringen?
Kroesinger: Haben wir den Krieg wirklich auf allen Kanälen? Was wir im Fernsehen gezeigt bekommen, ist nur ein sehr bestimmter Ausschnitt des Krieges. Auch wir zeigen einen bestimmten Ausschnitt: Die Kriegsvorbereitungen, speziell im Irak und in England – das hat mich mehr interessiert, weil sie Europäer sind. Das ist mir näher. Wir zeigen wie die Bevölkerung auf den Krieg eingestimmt wird. Das geschieht in Reden beispielsweise von Tony Blair oder vom britischen Kommandeur Tim Collins. Diese Ansprachen bekommt man ja in den Nachrichten nur auf die Kernbotschaften reduziert mit.
Das ist bei Ihnen anders?
Ja. Wir haben diese Reden nur sehr, sehr behutsam gekürzt. Denn uns ging es darum, ihre Logik und ihre Rhetorik zu untersuchen. Unser Thema ist die Konditionierung, also die Frage: Wie wird Zustimmung zum Krieg erzeugt. Das machen wir, indem wir diese Reden mit Passagen aus Shakespeares Heinrich V gegen schneiden. Das ist für die Briten das große vaterländische Königsdrama. Interessant war zu sehen, dass bis in die Wortwahl hinein die Vorlage zu erkennen ist. Gerade Collins benutzt ganze Phrasen aus Shakespeare.
Welche Muster gab’s denn im Irak?
Sehr wichtig ist ein Roman, den wohl Saddam Hussein geschrieben hat – ein wenig nach dem Modell einer Erzählung aus 1001 Nacht. Der folgt einer völlig anderen Logik: Ein Diktator bekommt durch seine Liebe zu einem jungen Mädchen wieder Kontakt zu seinem Volk, das sich gegen feindliche Invasoren erfolgreich wehrt. Er endet mit den Worten „Es lebe das Volk, es leben die Märtyrer, es lebe die Armee!“ Ein solcher Aufruf zum Märtyrertum – das wäre im Westen völlig undenkbar.
Und das ist bühnentauglich?
Klar – weil die Bühne der beste Ort ist, um Sprache zu untersuchen. Weil man hier die Sprach-Muster konfrontieren kann. Allerdings, es stimmt schon: Mit so etwas packt man dem Zuschauer eine Menge auf. Wenn man Glück hat, wird er produktiv.
Fragen: Benno Schirrmeister
Schwankhalle, nur heute, 20.30 Uhr