: Musikhochschule sagt ab
■ Arbeit eingestellt / 12 halbe Stellen blanko für Akademie der Alten Musik
Das Orchester der bremischen Musikhochschule muß sein Konzert am 24. Juni absagen: Es kriegt die nötige Besetzung nicht mehr zusammen. In allen Instrumentengruppen herrscht Mangel; Oboen, Fagotte und Hörner sind schon fast ausgestorben.
Weil sich unter solchen Umständen nicht arbeiten läßt, wird das Orchester zumindest für dieses Semester seinen gesamten Probenbetrieb einstellen. Zu allem Überfluß geht jetzt auch der Leiter des Orchesters Peter Braschkat, einziger Dirigierprofessor im Hause. Sein befristeter Aushilfsvertrag läuft aus. Zwar würde er gerne um zwei Jahre verlängern, allein die Bildungsbehörde will nicht, daß er derart dann eine Dauerstelle einklagen könnte; ein Nachfolger ist aber noch nicht in Sicht. Dies war gestern aus Studentenkreisen zu hören. Dort bastelt man bereits an Protestaktionen.
Kurt Seibert, Sprecher des Fachbereichs Musik an der HfK, bestätigte auf Anfrage: „eine Schande!“ Der Grund für den Musikermangel: Ältere Semester gehen weg, neue Leute kommen nur spärlich nach, weil die Grundausstattung der Hochschule in vielen Bereichen nicht hinlangt. „Wir können nicht einfach Studenten mit dem Lasso fangen“, sagt dazu Frau Dingeldein, zuständige Referentin im Bildungsressort. „Wir haben einfach im Verhältnis zuviele Klavierstudenten und zuwenige Orchestermusiker. Das soll aber geändert werden.“ Die Ausbildung zum Orchestermusiker ist mit dem Verstummen des Orchesters nun aber erst einmal ihrer Praxis beraubt. Dagegen war zu hören, die Bildungsbehörde wolle zwölf halbe Professorenstellen neu schaffen und ausschließlich mit Lehrkräften der „Akademie für Alte Musik“ besetzen. Damit wäre die seit langem geplante Integration der Akademie im Handstreich vollzogen: fast alle Akademisten würden mittels „persönlichem Berufungsverfahren“ (Dingeldein) quasi automatisch zu Professoren geschlagen: „da man sie doch schon zur Hand hat“ (Dingeldein).
Die Probleme der jungen Orchestermusikanten sind damit nicht zu lösen. Die neuen bringen eher inkompatible Instrumente wie Travers-und Blockflöten mit. Eine öffentliche Ausschreibung der 12 halben Stellen ist aber nicht vorgesehen. Prof. Kurt Seibert auf Anfrage: „Es täte natürlich gut, wenn Berufungen so geschehen, wie's im Hochschulgesetz steht. Als wir damals bei der Umwandlung des alten Konservatoriums in eine Musikhochschule einfach zu Professoren ernannt wurden, hat man ja auch gelästert“. schak
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