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Archiv-Artikel

„Müller-Partei“ droht das Verbot

Abgeordnete wehren sich gegen Werbekampagne. Gericht verbietet „Anstecknaddel“

BERLIN taz ■ Bundestagsabgeordnete wehren sich gegen eine Werbekampagne für „Müllermilch“. Die Vizepräsidentin des Parlaments, Susanne Kastner (SPD), prüft die Einleitung von rechtlichen Schritten gegen die Müller-Molkerei. In den Werbespots öffnet ein Politiker während einer Bundestagsdebatte einen Becher Milchreis und sagt: „Jetzt brauch ich endlich mal was Ehrliches.“

Im neuesten Spot von Müller wirbt der Popmillionär Dieter Bohlen für eine „Müller-Partei“. Motto: „Unser Land soll becher werden.“ Dann fordert er die Zuschauer auf: „Mitglied werden! Prämien kassieren!“ Die Parlamentsvizepräsidentin ist empört: „Die Müller-Werbung ist unanständig, unverschämt und äußerst undemokratisch. Die schadet in schlimmer Weise der Demokratie, weil sie Parlament und Parteien pauschal der Lüge bezichtigt.“ Das sei Verunglimpfung eines Verfassungsorgans. Auch Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms (FDP) nannte die Werbung eine „pauschale Verunglimpfung des Parlaments“. Er rief die Werbebranche zur Einführung einer freiwilligen Selbstkontrolle auf.

Anstoß nehmen Abgeordnete laut Bild am Sonntag auch an der Werbeanzeige des Autoherstellers Nissan. Mit Bezug auf eine Meldung, wonach Abgeordnete Geschirr aus dem Reichstagsrestaurant gestohlen haben sollen, bietet Nissan Rabatt an. Slogan: „Manche nehmen – Andere geben.“ Peter Ramsauer, parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, hat bereits einen Protestbrief an den Chef des Unternehmens, Jacques Rivoal, geschrieben. Eine Reaktion des Autoherstellers gibt es bisher nicht.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sagte, er teile die Empörung über Werbung, die die demokratischen Institutionen herabwürdige. „Das ist unerträglich.“ Thierse riet aber zur Zurückhaltung, damit sich die Firmen nicht über kostenlose Werbung freuen könnten.

Bohlens Ex-Lebensgefährtin Nadja Abd El Farrag hat vor dem Hamburger Landgericht bereits eine einstweilige Verfügung gegen Müller erwirkt. Darin wird dem Konzern untersagt, jedem Einsender von zehn „Müllermilch“-Deckeln eine „Anstecknaddel“ zu versprechen.