Müller, Mayer, Macker: Feministisches Muster bedient
■ Der Konflikt Biermann–Mayer: Nur eine PR-Aktion?
Der Streit um den Einspruch der Müller-Witwe in Sachen Biermann ist in eine neue Runde getreten. Zur Erinnerung: Brigitte Mayer hatte gegen die Aufnahme eines Gedichts von Biermann in einen Band mit Lyrik und Prosa von Inge Müller, der zweiten Frau Heiner Müllers, interveniert. Biermann beleidige in der „Legende vom Selbstmord der Inge Müller '66“ (taz von gestern) „meinen Mann Heiner Müller und mich und letztlich auch Inge Müller“. Die Herausgeberin Ines Geipel bestand auf ihrer Textauswahl, während der Verlag sich bereit zeigte, das Buch notfalls auch ohne das Gedicht von Wolf Biermann zu veröffentlichen.
Nachdem der Fall unter anderem durch einen Beitrag im Spiegel öffentlich wurde, kam es am Montag zu einem Treffen zwischen Vertretern des Aufbau- Verlages und Brigitte Mayer. Im Anschluß gab der Verlag eine Presseerklärung heraus, die jedoch keine Informationen über den Ausgang des Gesprächs enthält. Der Text richtet sich vielmehr gegen Wolf Biermann, der seine Beteiligung am Band inzwischen aufgekündigt hat. In Anspielung auf den Spiegel-Beitrag von Reinhard Mohr, in dem Biermann selbst überhaupt nicht zu Wort kommt, heißt es: „Wenn Wolf Biermann nun eilends mit dem Wort ,Zensur‘ bei der Hand ist, so mutet das mehr als befremdlich an. Gerade er sollte doch eigentlich wissen, daß mit Zensur Autoren mundtot gemacht werden sollen. Das jedoch scheint in seinem Fall besonders absurd, ließ er doch seinen Text gerade im befreundeten Spiegel in vielen hunderttausend Exemplaren verbreiten. Sollte es wirklich ein Zufall sein, daß dem genialen Selbstvermarkter derlei medienwirksame Unbill vor großem Publikum ausgerechnet dann widerfährt, wenn die allfällige Veröffentlichung einer neuen CD ansteht?“
Hieß es ursprünglich noch, man wolle die für August geplante Herausgabe des Inge- Müller-Bandes „an dieser Frage nicht scheitern lassen“, stellte der Geschäftsführer des Aufbau Verlages, René Strien, in einem Gespräch mit Ines Geipel klar, daß das Buch nicht ohne ihr Einverständnis erscheinen werde. Da jedoch die Haltung von Brigitte Mayer zur Aufnahme des Biermann-Gedichts unverändert ablehnend sei, wird der Herausgeberin vorgeschlagen, auf den Text von Biermann zu verzichten und im editorischen Teil des Buches einen entsprechenden Hinweis unterzubringen. Ines Geipel bat sich Bedenkzeit aus.
Adolf Endler, der 1979 mit einem großen Essay die Dichterin Inge Müller einem breiteren Publikum vorstellte, meinte zu Biermanns Text: „Es wird ein feministisches Grundmuster in dem Gedicht bedient: Die Dichter-Frauen stehen nicht nur im Schatten ihrer Männer, sondern werden von ihnen ausgesaugt. Das ist mir zu einfach als Beschreibung dieser ganzen Verhältnisse.“ Gleichzeitig betont Endler: „Nach meinen Maßstäben – so schlimm das Gedicht für Frau Mayer auch sein mag – wäre das noch gegangen. Meine Maßstäbe sind aber nicht entscheidend.“ Brigitte Mayer war zu dem Vorgang nicht zu sprechen. Peter Walther
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