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Mudjahedin warnen Bevölkerung

■ Westliche Diplomaten rechnen mit Angriff der afghanischen Rebellen auf Kabul / Wichtige Straße zur Sicherung des sowjetischen Truppenabzugs für Privatfahrzeuge geschlossen

Neu Delhi (dpa) - Die afghanischen Rebellen im Gebiet um Kabul bereiten die Bevölkerung der Hauptstadt offenbar auf militärische Angriffe vor. Nach Berichten westlicher Diplomaten vom Dienstag in Neu Delhi haben sie damit begonnen, die Einwohner der Stadt in nachts verteilten Schriften vor Raketenüberfällen und anderen Attacken zu warnen. Frauen und Kinder würden darin aufgefordert, die Häuser nicht zu verlassen. Nach Angaben der Diplomaten ist die Bevölkerung durch die Raketenüberfälle vom 9. und 14. Mai, bei denen über 30 Menschen getötet wurden, stark verunsichert. Einige führende Beamte sollen nach den Anschlägen vergeblich versucht haben, ihre Familien aus der Stadt zu bringen. Der afghanische Staats– und Parteichef Nadschibullah hat inzwischen per Dekret die Einberufung der kürzlich in den vom Regime in Kabul beherrschten Gebieten gewählten Nationalversammlung bekanntgegeben. Es wird erwartet, daß die Versammlung um den 24. Mai herum zusammentritt und das neue Kabinett am 27. vorgestellt wird, hieß es dazu in Neu Delhi. Den Informationen zufolge hat die Regierung in Kabul inzwischen die Straße nach Salang im Norden Kabuls für Zivilfahrzeuge geschlossen, um den Abzug der Sowjettruppen in Richtung UdSSR–Grenze zu sichern. Es wird vermutet, daß diese strategisch wichtige Hauptverbindung erst in drei Monaten wieder geöffnet wird, wenn die zahlenmäßig stärksten Verbände im Osten und Südosten Afghanistans in die Sowjetunion zurückgekehrt sind. Sowjetische Kampfflugzeuge haben in den vergangenen Tagen fast täglich Einsätze im Süden des Landes geflogen. In Kabul wurde vermutet, daß sie gegen Mudschahedin–Stellungen im Logar–Tal südlich von Kabul eingesetzt werden. Westlich der Stadt, im Gebiet von Paghman, haben die Rebellen nach jahrelangen Kämpfen inzwischen mehrere Dörfer unter ihre Kontrolle gebracht. Der amerikanischen Nachrichtenagentur UPI zufolge, haben sowjetische Kreise in Kabul angedeutet, als nächstes werde mit der Räumung der Stadt Ghazni - rund 130 Kilometer südlich von Kabul an der Straße nach Kandahar gelegen - begonnen.

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