: Moskau: Berliner haben keine Wahl
■ Die UdSSR ist gegen eine direkte Beteilung der Westberliner an den Bundestagswahlen / Nach Washington und London sagte auch Paris „oui“ / Auch CDU und FDP wollen Direktwahl
Moskau (dpa) - Die UdSSR ist unverändert gegen eine direkte Beteiligung West-Berlins an Bundestagswahlen. Dies bestätigte der stellvertretende sowjetische Außenamtssprecher Juri Gremitskih am Dienstag vor der Presse in Moskau. Es gebe in dieser Frage „nichts Neues und keine Änderung der sowjetischen Position“.
„Eine direkte Wahl von Bundestagsabgeordneten durch Bürger West-Berlins würde eine Verletzung des 'besonderen politischen Status‘ der Stadt bedeuten“, betonte Gremitskih. Die Frage einer möglichen Änderung der Vertretung West -Berlins im Bundestag gehöre „nicht zu den brennenden politischen Problemen Europas“.
Am Vortag war bekanntgeworden, daß nach den Briten und Amerikanern auch die Franzosen gegen eine solche Direktwahl nichts mehr einzuwenden haben. Bisher wurden die Berliner Bundestagsabgeordneten nicht von der Bevölkerung gewählt, sondern vom Abgeordnetenhaus entsandt. Moskau hatte 1979 einseitig der Direktwahl zur DDR-Volkskammer durch die Ostberliner Bevölkerung zugestimmt.
Vor der Moskauer Stellungnahme drängten CDU/CSU und FDP erneut darauf, bereits bei der Bundestagswahl am 2. Dezember die Berliner Abgeordneten direkt wählen zu lassen. Der deutschlandpolitische Sprecher der CDU, Eduard Lintner, erklärte, wenn die vier Alliierten dazu tatsächlich bereit sein sollten, gäbe es „keinen echten Grund mehr“, bei der Bundestagswahl die Berliner Vertreter wie bisher vom Abgeordnetenhaus bestimmen zu lassen.
Bundestagsvizepräsident Dieter-Julius Cronenberg (FDP) meinte, nach der ersten freien Wahl zur Volkskammmer wäre es ein Anachronismus, wenn den Bürgern West-Berlins das Recht verwehrt bliebe, sich direkt an der Bundestagswahl zu beteiligen. Für eine Direktwahl der Berliner Bundestagsabgeordneten müßte das Bundeswahlgesetz geändert werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf der SPD wurde vom Bundestag bereits in erster Lesung behandelt.
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