Moscheebau in Monheim: Raus aus den Hinterhöfen

Eigentlich ist in Monheim alles schon entschieden, und dennoch erhitzten sich die Gemüter einmal mehr am Runden Tisch von taz.meinland.

Am Runden Tisch herrscht Uneinigkeit über den Bau zweier Moscheen Bild: Jann-Luca Zinser

von VOLKAN AĞAR

Die Gemeinde Monheim beteiligt sich finanziell am Bau zweier Moscheen. Dies beschloss der Stadtrat nach einer langen Phase der Diskussion im vergangenen Herbst. Monheim fördert den Kauf zweier Grundstücke mit insgesamt 840.000 Euro. Eine besondere Geste in einem Land, in dem geplante muslimische Gotteshäuser immer wieder für Proteste sorgten und extrem rechte Propagandisten beflügelten.

„Um aus den Hinterhöfen rauszukommen und transparent arbeiten zu können, war das genau die richtige Entscheidung“

Ganz ohne Reibung war dieser Schritt jedoch auch in Monheim nicht möglich: Seitdem die Initiative bekannt wurde, widersetzen sich nicht nur örtliche Politiker der CDU und SPD, auch die extrem rechte Website PI-news mobilisierte nach Monheim. Im Visier stand der Initiator, der junge Bürgermeister Daniel Zimmermann, der mit seiner ehemaligen Studierendenpartei PETO (lat.: „Ich fordere“) eine absolute Mehrheit in der rheinländischen Stadt innehat.

Streit um Moscheebau in harmonischer Kleinstadt

Auch Moderator Jan Feddersen dürfte die Anspannung schnell verspürt haben, stieg er doch mit einer eher harmlosen Frage in den Abend am Runden taz.meinland Tisch ein: Wie ist das Zusammenleben in Monheim?

Kurt Arnold Holz von der evangelischen Kirche erzählte von der regen Zusammenarbeit der beiden christlichen Gemeinden mit der Stadtverwaltung, und „den Vorteilen einer überschaubaren Stadt mit 44.000 Einwohnern“. Bernd M. Wehner von der katholischen Gemeinde im Ort stimmte zu. Auch mit den Muslimen gebe es Austausch. Im Arbeitskreis „Christen treffen Muslime“ „reden wir über Gott und die Welt“, sagte er. Es habe auch schon gemeinsame Erklärungen gegen islamistischen Terror gegeben.

Jene Harmonie wurde spätestens 2016 mit dem Bekanntwerden der Förderpläne herausgefordert. Dabei, so Farid El Karrouchi von der Islamischen Gemeinde Monheim e.V., sei diese Entscheidung ein Fortschritt nicht für sie selbst, sondern auch für die Sicherheit der Monheimer: „Um aus den Hinterhöfen rauszukommen und transparent arbeiten zu können, war das genau die richtige Entscheidung“, sagte der Mann, der an diesem Abend nicht nur einmal betont, dass er sich als Monheimer fühle, obwohl er in Marokko geboren worden sei.

Mohamed Adib von der islamisch-türkischen Gemeinde, die dem türkischen Moscheeverband Ditib angehört, sprach von der Not der muslimischen Glaubenshäuser: „Wir haben das jetzige Moscheegebäude Anfang der 1980er Jahre übernommen und umfunktioniert“. Eine improvisierte Moschee solle nun von einer richtigen ersetzt und „ins Stadtgebiet integriert und sichtbar“ werden.

Bürgermeister Daniel Zimmermann versteht die beiden Vertreter der muslimischen Gemeinden. Von Beginn an habe es eine „Hinterhoflage“ gegeben und auch große Raumnot, weil die Moscheen niemals als Moscheen gebaut worden seien: „Niemand würde auf die Idee kommen, eine Kirche im Gewerbegebiet zu bauen“.

Nicht ganz einverstanden

Sowohl Werner Goller von der örtlichen SPD, als auch Markus Gronauer von der Monheimer CDU stimmen dem Bürgermeister in einem Punkt zu: Die islamischen Gemeinden sollen ihre Moscheen bekommen. Wo der Dissens aber liege, so Goller, sei die „Art und Weise“, wie die Förderung der Moscheebauten beschlossen worden ist. Darin sind sich Vertreter der Volksparteien an diesem Abend einig.

„Niemand würde auf die Idee kommen, eine Kirche im Gewerbegebiet zu bauen“

„Unser Bürgermeister vergisst immer zu sagen, dass unsere Fraktion auch dafür gestimmt hat“, sagte Gronauer (CDU). Wenn sie über die Vorgehensweise des Bürgermeisters abgestimmt hätten, wäre jedoch nicht einmal die Hälfte der Zustimmung erreicht worden, so Gronauer: „Das Ganze hat einen unglücklichen Anfang genommen“. Einverstanden sei er auch nicht damit, dass der Bürgermeister die Grundstücke, den Besitz der Gemeinde, „ohne jegliche Vordebatte“ verschenke. „Wenn er das anders gemacht hätte, dann wäre das nicht so eskaliert“.

Goller (SPD) sieht das ähnlich: „Es gab ein fertiges Konzept, bevor irgendetwas diskutiert wurde“. Neben der Kritik am Verfahren, sei es für sie auch ein Problem, dass eine der beiden Moscheen am Ortseingang gebaut werde, so Gronauer (CDU).

Genau diese Haltung, entgegnete Zimmermann, entlarve, dass es den beiden nicht um Verfahrensfragen, sondern um die Zugehörigkeit des Islam zu Monheim gehe. So unversöhnlich er den beiden in diesem Punkt gegenübersteht, so wenig räumt Zimmermann die Kritik an seinem Vorgehen ein. Alles sei von Anfang an transparent gewesen – mit Bürgerdiskussionen, Debatten im Stadtrat und der Offenheit für alternative Vorschläge und Kritik.

Dennoch hätten einige den Anschein erweckt, als sei alles schon entschieden. Zimmermann erinnert auch an das dreistündige Bürgergespräch – mit über 800 Monheimer*innen. „Viele Leute haben sich dort mit den Inhalten auseinandergesetzt, mit den Details der Vereinbarung.“ Zimmermann findet es deshalb zynisch, wenn die anderen Parteien sagen, dass er als Bürgermeister alles falsch gemacht habe.

Skepsis aus dem Publikum

Gleich mehrere Personen aus dem Publikum schalten sich in die Diskussion ein, sie fragen in zum Teil sehr emotionalen Redebeiträgen: Weshalb muss es gleich zwei Moscheen geben? Reicht nicht auch eine?

Adib erklärt, dass beide Gemeinden sunnitisch seien, es aber dennoch viele Unterschiede gebe. Während die eine islamische Gemeinde von Menschen mit marokkanischer Herkunft besucht wird, werde die andere Gemeinde vor allem von türkischsprachigen Personen frequentiert. Adib gesteht: „Es ist mein Traum, dass wir irgendwann auf arabisch beten und auf deutsch predigen können“. Heute jedoch seien die Deutschkenntnisse vieler Gemeindemitglieder noch nicht ausreichend hierfür.

„Es bringt nichts wenn wir die Schlachten des vorigen Jahres nochmal schlagen“

Bürgermeister Zimmermann lenkt ein: Man müsse Respekt davor haben, dass beide Gemeinden ihre Angelegenheiten eigenständig klären wollen. Er bemüht eine Analogie, die in dieser sonst aufgeheizten und emotionalen Debatte viele Lacher kassiert: „Wir haben es ja nicht einmal geschafft, dass der 1. FC Monheim und die Sportfreunde Baumberg auf einem Fussballplatz trainieren.“

Moderator Feddersen, der von sich behauptet jeder Religion mit großer Skepsis gegenüberzustehen, sieht das auch so: „Ich wünsche euch nicht zwei, sondern drei Moscheen.“

Erdogan’sche Einflüsse in Monheim

Als die Stimmung schließlich etwas abkühlt, kommt ein sensibles Thema, das vor allem die türkeistämmigen Community seit einiger Zeit beschäftigt, zur Sprache. Moderator Feddersen fragt den Bürgermeister Daniel Zimmermann und den Vertreter der türkisch-islamischen Gemeinde Mohamed Adib: „Wie steht es in Monheim um Sympathien für den türkischen Präsidenten Erdogan?“

Natürlich habe das Thema - spätestens nach dem Putschversuch im Sommer 2016 - auch die Monheimer beschäftigt, antwortet der Bürgermeister. Er selbst hätte gegen die Verfassungsänderung von Erdogan gestimmt, aber er sagt auch: „Ich vertraue der örtlichen Ditib-Gemeinde, dass sie Politik und Religion unterscheidet“. Wichtig sei, wie sich die Gemeinde offiziell verhalte.

Außerdem, als es einen Boykottaufruf gegen einen Einzelhändler in Monheim gegeben habe, weil jener ein mutmaßlicher Gülen-Anhänger sei, habe sich die Ditib-Gemeinde hinter diese Person gestellt. “Die Gemeinde steht fest auf dem Boden des deutschen Grundgesetzes“, sagt Zimmermann, „Ich bin bereit sie zu verteidigen.“ Adib konstatiert: „Natürlich sind unsere Gemeindemitglieder politisch“. Der Vorstand habe aber klargestellt, dass politische Inhalte keinen Platz in der Gemeinde hätten.

Vorreiter in puncto Debattenkultur

Den Konflikt zwischen SPD, CDU und PETO, das zeigte der hoch emotionale Verlauf der Debatte, konnte der Runde Tisch von taz.meinland am Abend des 27. Juni nicht auflösen. Moderator Feddersen zeigt sich dennoch zufrieden: Es spreche für Monheim, dass hier solche Diskussionen mit viel Leidenschaft und großer Beteiligung geführt würden. „Es bringt nichts wenn wir die Schlachten des vorigen Jahres nochmal schlagen“, stellt Holz fest.

El Karrouchi will das auch nicht – und er ist dankbar für die Unterstützung des Bürgermeisters, ohne dessen Hilfe sie es nicht geschafft hätten, die Aussicht auf eine eigene Moschee zu bekommen, sagt er. Zimmermann weist den Dank zurück: Es sei ein Grundrecht der Muslime in Deutschland, ihrer Religion angemessen nachgehen zu können. Zimmermann ist stolz auf den langwierigen Diskussionsprozess, und darauf, dass sie sich als PETO nicht haben weichspülen lassen - weil es ein gutes Konzept gab, für das man einstehen wollte.

„Wenn die Bürger damit nicht einverstanden sind, dann können sie das bei der nächsten Kommunalwahl zum Ausdruck bringen“, beendet er sein Schlusswort. El Karrouchi von der islamischen Gemeinde ist sich sicher: „Die Menschen in Monheim werden in naher Zukunft sehen, dass das ein guter Schritt für alle war.“ Wenn er ein Stimmrecht hätte – das scheint an diesem Abend sicher – würde er den Bürgermeister bei den nächsten Kommunalwahlen in seinem Amt bestätigen.