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Archiv-Artikel

Mord ist keine Talkshow

„Der Tote in der Mauer“, (20.15 Uhr, ZDF) ist ein sehr passabler Krimi – nur die Verbrecher reden zu viel

Nicht viele Krimis im deutschen Fernsehen kommen ja ohne die obligatorische Talk-Ecke im spannenden Moment aus. Wenn der Fiesling sich entschließt, alles zu erzählen, weil er anschließend Nachschub ins Jenseits befördern will. Liebe Mörder: Wenn ihr nicht gerade Elementares zu sagen habt – etwa „Ich bin dein Vater“ –, dann geht gleich ans Werk! Erhöht die Erfolgsaussicht. Kann man nicht die Klappe halten, muss man nämlich damit rechnen, dass es einen selbst erwischt. Also: Mörder, lasst das Labern sein.

Mit Markus Imboden hat nun mal wieder ein Filmemacher den Tipp unberücksichtigt gelassen. Mit den bekannten Folgen: Die entscheidende Szene gerät damit arg kitschig, was die Qualität des Films aber nicht wirklich in die Tiefe reißt. Denn Imbodens Krimi ist mit genügend Überraschungen angereichert und versteht sich prima auf die für das Genre inzwischen unabdingbare Ironie.

Alles beginnt mit der Abschiedsfeier des Hauptkommissars Hagen Dudek (Michael Mendl), in die nicht nur sein Nachfolger Klaus Wendt (Frank Giering) hereinplatzt, sondern auch die Nachricht, dass ein Fuß gefunden wurde. An dem Fuß hängt eine Leiche, das ganze Ensemble steckt gut konserviert in einer Mauer. Die Leiche wird verdächtigt, zu Lebzeiten vor Jahren einen kleinen Jungen ermordet zu haben. Unversehens sehen sich zwei Polizisten in einem Kaff in Niedersachsen also gleich mit zwei Mordfällen konfrontiert. Oldie Dudek sagt dazu, dass das ganz schön happig sei, wo es doch bisher nur Fahrraddiebstähle aufzuklären gab. Wer schon mal in der norddeutschen Provinz gelebt hat, weiß: Vermutlich übertreibt der Mann sogar noch.

Das Schöne an „Der Tote in der Mauer“ ist, dass sich die zwei Kommissare bald gegenseitig verdächtigen. Vor allem der junge Wendt soll dem Zuschauer offenbar zügig suspekt gemacht werden. Es ist schon eine Augenweide zu sehen, wie Frank Giering seine Rolle interpretiert und immer mal wieder guckt, als würde ihm gleich ein zweiter Kopf aus dem Ohr wachsen. Und auch Mendl macht seine Sache als Dudek gut, wenn er den Jüngling im Dorf vorstellt: Man könnte meinen, der Kommissar werde gezwungen, ein Meerschweinchen als Nachfolger auf seinem Sessel zu inthronisieren.

Das alles ist aber wenig gegen die Leistung von Devid Striesow. Der spielt gleich eine ganze Familie, und das ganz beachtlich. Die Zwillinge Ralf und Frank Gerlach sind zwar irgendwie eklig und anscheinend auch Mörder. Aber wie es beiden (alias Striesow) gelingt, die Kommissare an der Nase rumzuführen, weckt schon Respekt, wenn nicht sogar ein bisschen Sympathie. Mit denen würde man wohl gerne mal ein paar Stunden verbringen, wenn auch nicht allein in einem Zimmer oder im Wald.

Übrigens, das hat der Mörder am Ende dann noch mitzuteilen: „Ich hab dich noch nie gemocht!“ Das hätte man sich nun auch irgendwie denken können.

THOMAS TRAPPE