: Moorburg das Wasser abgraben
Endergebnisse sind Mangelware am vierten Tag der schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen. Härtere Auflagen für Kohlekraftwerk Moorburg und Ökofonds für die vertiefte Elbe deuten sich an
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Wieder einmal blieben sie vage am Ende des Tages, die schwarz-grünen Möchtegern-Koalitionäre. Weder bei der Elbvertiefung noch beim Bau des Steinkohlekraftwerks Moorburg habe es „abschließende Resultate gegeben“, verkündete die grüne Parteichefin Anja Hajduk nach gut neunstündigen Verhandlungen im Goethe-Institut im Hühnerposten am Hauptbahnhof. Einig sei man sich darin, ergänzte Fraktionschefin Christa Goetsch, die Klimaschutzziele zu verschärfen. Um 40 Prozent sollen die Schadstoffemissionen in Hamburg bis 2020 reduziert werden. Das ist mehr als das Doppelte dessen, was der CDU-Senat bisher vorgesehen hatte. Es seien gute Gespräche gewesen, befand CDU-Bürgermeister Ole von Beust.
Der gestrige vierte Verhandlungstag war erneut den härtesten umwelt- und verkehrspolitischen Problembrocken vorbehalten: Elbvertiefung, Steinkohlekraftwerk Moorburg, Hafenquerspange, Stadtbahn, City-Maut. Deshalb hatten mehrere Beteiligte bereits am Morgen beim Eintreffen am Verhandlungsort vor überhöhten Erwartungen gewarnt.
„Endergebnisse werden heute kaum vorliegen“, sagte GAL-Parteichefin Anja Hajduk. Sie rechne „erst mal nur mit intensiven Verhandlungen“, sagte Fraktionschefin Christa Goetsch. Es würden lediglich Zwischenergebnisse aus den vor Ostern eingesetzten Arbeitsgruppen „vorgetragen“, prophezeite CDU-Umweltpolitiker Rüdiger Kruse.
Vor dem Gebäude demonstrierten die Umweltverbände BUND und Greenpeace sowie das niedersächsische „Bündnis gegen die Elbvertiefung“ mit Slogans wie „Wir wollen unseren Fluss nicht dem Hafen opfern: Stoppt die Elbvertiefung“ und „Klimakiller Kohle: Zeigen Sie Vattenfall die rote Karte“ gegen die erneute Ausbaggerung der Elbe und das Kraftwerk Moorburg. Ole von Beust drückte sich wortkarg an den Transparenten vorbei. Er erwarte „nur Gutes“ von den Gesprächen mit den Grünen, sagte er.
Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch forderte Goetsch auf, „hart zu bleiben“ und sich auf keinen Kuhhandel einzulassen. Gerüchten zufolge hat sich die Vermutung erhärtetet, dass die Grünen die Elbvertiefung akzeptieren würden, die von Beust für „nicht verhandelbar“ erklärt hatte. Andererseits würde die CDU im Gegenzug Zugeständnisse beim Kraftwerk Moorburg machen, das die GAL vehement ablehnt. Der grüne Unterhändler Willfried Maier philosophierte: „Es gibt immer Kompromisse, die in den Augen anderer ein Kuhhandel sind. Das ist eben so.“
Nach taz-Informationen ist in der Arbeitsgruppe von CDU und GAL auch über das noch nicht beendete Genehmigungsverfahren für Moorburg gesprochen worden. Dabei sind verschärfte Auflagen bei den wasserrechtlichen Fragen ins Auge gefasst worden. Diese Einschränkungen für die Entnahme von Kühlwasser aus der Elbe würde in wenig wasserreichen und warmen Monaten den Betrieb des Kraftwerks in Frage stellen. „Konkret heißt das Ziel: Weniger Volllaststunden und dadurch geringere Profite für Vattenfall – oder gar keine“, berichtet ein Insider. Dann würde sich „die Frage nach der betriebswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit des Projektes neu stellen“. Als Alternative habe der Hamburger Ökostromer Lichtblick angeboten, so ist zu hören, ein weit klimafreundlicheres Gaskraftwerk zu errichten.
Für eine Zustimmung zur Elbvertiefung verlangt die GAL offenbar mehr ökologische Ausgleichsmaßnahmen, eine Umweltabgabe von Schiffen auf die Hafengebühr sowie einen Umweltfonds von 10 Millionen Euro – andere Quellen raunen von 20 Millionen – pro Jahr durch die Einrichtung einer Stiftung. Damit sollten unter anderem mehr sauerstoffhaltige Flachwasserzonen im Fluss geschaffen werden.
„Die sind doch nach einem Jahr wieder weggespült durch die höhere Strömung der Elbe nach der Ausbaggerung“, vermutet BUND-Chef Braasch. Von einer „Mogelpackung“ spricht auch Beatrice Claus vom Umweltverband WWF. Für einen sinnvollen Ausgleich der enormen Schäden durch die Elbvertiefung seien „mindestens 100 Millionen Euro nötig“.
Am Dienstag sollen die schwarz-grünen Verhandlungen mit einem kaum weniger strittigen Themenkomplex fortgesetzt werden: Schule und Bildung.