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Monatliche Übersicht für VerspätungenBahn wird transparenter

Die Deutsche Bahn will Verspätungen künftig wieder monatlich öffentlich machen. Hartmut Mehdorn hatte das abgeschafft, seitdem waren Verspätungen geheim.

Wer war wann zu spät? Das will die Bahn jetzt wieder an die Öffentlichkeit geben. Bild: reuters

BERLIN taz | Die Deutsche Bahn (DB) will ihre Pünktlichkeitswerte im Personenverkehr ab diesem September wieder veröffentlichen. "Wir wollen uns messen lassen an unserer tatsächlichen Leistung", kündigte Bahnchef Rüdiger Grube am Donnerstag bei der Präsentation der Halbjahresbilanz an. Die Angaben für den Fern- und Nahverkehr sollen im Internet künftig einmal monatlich aktualisiert werden.

In den neunziger Jahren standen an den Bahnhöfen noch große Anzeigetafeln, auf denen die aktuelle Verkehrslage angegeben wurde. Der frühere Vorstandschef Hartmut Mehdorn ließ sie abbauen. Die Zahl der Verspätungen wurde seitdem geheim gehalten. Laut Grube kommen derzeit 85 Prozent der Fernverkehrszüge pünktlich ans Ziel.

Mit der Geschäftsentwicklung ist der Vorstand zufrieden. In den ersten sechs Monaten 2011 stieg der Umsatz um gut 17 Prozent auf fast 19 Milliarden Euro an. Vor Abzug von Steuern und Zinsen blieben 1,1 Milliarden Euro als Gewinn übrig. Eine ähnliche Entwicklung erwartet die Bahn für das zweite Halbjahr. Allerdings sind auch die Schulden wieder gestiegen. Der Konzern steht mit gut 17 Milliarden Euro in der Kreide. Grund für den Anstieg ist die Dividende von 500 Millionen Euro, die Grube an den Finanzminister überwiesen hat. Das Geld hat die Bahn nur zum Teil erwirtschaften können.

Wasserkraft-Vertrag mit RWE

Als einer der größten Stromverbraucher Deutschlands setzt die Bahn zunehmend auf Ökostrom. Gerade erst wurde mit dem Energieriesen RWE ein langfristiger Vertrag über die Lieferung von Strom aus Wasserkraft abgeschlossen. Das bisherige Ziel, den Anteil der Ökoenergie am Verbrauch bis 2020 auf 30 Prozent zu erhöhen, hat Grube nun revidiert. Es könnten vielleicht sogar 40 Prozent werden, sagte er.

Bis 2050 will die Bahn dann völlig CO2-frei fahren. Möglicherweise wird das Unternehmen auch zu einem wesentlichen Antreiber beim Ausbau der Ökoenergien. Derzeit wird geprüft, ob sich das 7.800 Kilometer lange Stromnetz des Konzerns auch für den Transport von fremder Elektrizität eignet. "Wir sind für alle Lösungsansätze offen", sagte Grube. Doch die technischen Schwierigkeiten dürften immens sein. Das Stromnetz der Bahn weist völlig andere Parameter auf als die öffentlichen Leitungen.

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3 Kommentare

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  • R
    Reutlinger

    Hmm deviant, weißt du ich teile deine Meinung, in Teilen. Ich liebe bahnfahren und genau deswegen gehe ich der Bahn so auf die Nerven. Wenn man bedenkt was Grube/Keefer und Co. verdienen und wir an Ticketpreisen bezahlen..............und der Preis steigt jedes Jahr, man braucht inzwischen eine Schaltergebühr usw. usf.

     

    Und dafür kriegen wir kaputte Wagons, mit nicht funktionierenden Toiletten, wenn die Toiletten mal funktionieren sind die nicht geputzt. Es gibt vorsinnflutliche Klimaanlagen die es bei 38 Grad raushaut, obwohl es diese Temperatur seit mehr als 10 Jahren oft im Sommer gibt, im Winter funktionieren manche Heizungen nicht, es gibt keinen Winterdienst der Bahn, sie haben nicht einmal mehr Schneeschleudern oder Schneepflüge, die Zahlen werden grundsätzlich bei jeder Veröffentlichung "geschönt". In Stuttgart versuchen sie uns das Geld aus der Tasche zu ziehen. Es gibt keine Investitionen im Nahverkehr und etliche Entscheidungen des Managements sind vollkommen sinnfrei, die Zuverlässigkeit des neuen rollmaterials, z.B. Loks ist schlechter als das von mehr als 40 Jahre altem.............

     

    Und jetzt sag mir warum wir uns nicht beschweren sollen. Vor allem da man eh nicht darauf vertrauen kann dass die Bahnführung, bei irgendeiner Veröffentlichunge auch nur ansatzweise ehrlich ist.

     

    Wer soll schon ernsthaft glauben, dass diese Verspätungsliste irgendwas anderes als eine geplante und gefälschte PR-Aktion?

  • M
    Michael

    85% pünktlich?

    Das werden 100% aller Bahnnutzer nicht bestätigen können...

    Daran, dass die Bahn diese Zahl überhaupt verbreitet, kann man erkennen, welche schräge Sicht sie auf ihr Produkt hat: Menschen von A nach B zu bringen.

    Ob irgendein leerer RE nachts um 1 Uhr pünktlich ist, das interessiert doch niemanden.

    Wie viele Menschen hingegen täglich von Unpünktlichkeit betroffen sind, das ist doch die spannende Frage!

  • D
    deviant

    Der Deutsche ist ein seltsames Wesen:

    Er geht zum Bahnhof und schimpft das Personal dort an, weil die Tarife so verwirrend sind, anschliessend setzt er sich in sein geliebtes Auto und fährt die Strecke selbst, klappert ersteinmal ein Dutzend verschiedene Tankstellen ab, weil jede von ihnen jeden Tag einen anderen Preis verlangt, steht anschließend 3 Stunden im Stau und wenn er, abgekämpft und stark gestresst, endlich angekommen ist, fällt all die Anspannung von ihm ab und er freut sich, weil der scheiss ICE bestimmt schon wieder ne Viertelstunde Verspätung hatte!

     

    Es ist ja viel Kritik an der Bahn, ihrer Wirtschaftsstrategie und so weiter erlaubt und geboten, aber wenn ich bedenke, ich müsste regelmäßig ein paar Stunden im Elbtunnel stehen, hinter das Steuer eines Autos geklemmt, und der Willkür der Zapfsäule ausgeliefert, dann danke ich doch der Bahn, im Allgemeinen stresslos und während der Lektüre tagesaktuellen Lesestoffs durch Deutschland kutschiert zu werden...