Mladen Petric rettet den HSV: Ein Stehgeiger hebt ab
Gegen Eintracht Frankfurt müht sich der HSV zu einem 1:0-Sieg. Matchwinner ist wieder einmal Mladen Petric, der sich leisten kann, die Laufarbeit anderen zu überlassen. Beim HSV ist man mit dem Saisonverlauf mehr als zufrieden.
Nach 59 Minuten entdeckt Mladen Petric eine neue, ziemlich ökonomische Art der Fortbewegung: Fliegen. Der HSV-Stürmer hechtete in Trochowskis perfekte Flanke und wuchtete den Ball derart aufs Frankfurter Tor, dass Torwart Markus Pröll ihn nicht mehr um den Pfosten bekam - das 1:0. Petric hatte da bereits mehrmals nur knapp vorbeigezielt. Aber bewegt? Sein kroatischer Landsmann Ivica Olic rannte, als müsse er es innerhalb eines Tages zu Fuß zum Vorstellungsgespräch beim FC Bayern schaffen; machte Vorstoß um Vorstoß, tief in die Frankfurter Abwehr - allein. Denn Petric: blieb stehen.
"Er kennt genau die richtigen Laufwege", sagte hinterher der fleißige Marcell Jansen, und es klang tatsächlich ehrliche Bewunderung durch. Ein bisschen deutlicher wurde David Jarolím: "Er weiß immer genau, wo er stehen muss." Eben: stehen. Wie er dahin kommt, wo man stehen muss, bleibt ein Rätsel. Man könnte glauben, er sei dort schon immer gewesen, und hätte gewartet, bis diese Position sich als die richtige herausstellen sollte.
In Dortmund haben sie Petric einen "Stehgeiger" geschimpft. Beim HSV wird er respektiert, weil er nun schon achtmal in der Liga getroffen hat, meist spielentscheidend. Trainer Martin Jol - der auch bei nur zwei Punkten Rückstand auf den Tabellenführer von Problemen spricht - kann freilich auch dem Besorgniserregendes abgewinnen: "Wir sind zu abhängig", grummelte er, "von unseren Stürmern."
Auch gegen Eintracht Frankfurt klaffte zwischen Mittelfeld und Angriff mal wieder die Lücke, die einst Rafael van der Vaart ausfüllte. Die Hoffnungen, dass Neuzugang Thiago Neves sie schließt, verflüchtigen sich allmählich. Also muss Jol andere Spieler stark reden. Wie Piotr Trochowski, der unter ihm eine erstaunliche Entwicklung genommen hat. Gegen Frankfurt zeigte er, dass er Bälle in die Spitze bringen kann - zur Not allein, Torschuss inklusive.
Eine andere Überraschung ist Dennis Aogo. Gegen die Eintracht verschaffte der sich immer wieder durch feine Tricks den Raum für überlegte Pässe. Dabei hatte der HSV ihm noch Tage vor Transferschluss den Nationalspieler Marcell Jansen vor die Nase gesetzt. Der muss nun ins Mittelfeld ausweichen.
HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann grinste nach dem Spiel honigkuchenpferdhaft. Und das eher mit Blick auf die ganze Hinrunde: "Mit 33 Punkten und noch in allen drei Wettbewerben - da könnte die Liebe zum Trainer größer nicht sein." Nicht groß genug freilich, um Jols stetem Wunsch nachzukommen: "Ich bin überzeugt, dass wir eine gute Rückrunde spielen werden", sagte Hoffmann, "auch ohne neue Spieler."
Vielleicht muss er dennoch aktiv werden: Innenverteidiger Bastian Reinhardt möchte zu Hannover 96 zurückkehren. Der 33-Jährige will offenbar noch einmal unverzichtbar sein. Beim HSV wurde er dagegen immer als Ergänzungsspieler gehandelt. Dabei zeigt die Empirie: Wen immer der HSV holte - gespielt hat fast immer Reinhardt. Gegen Frankfurt hätte er sogar beinahe das 2:0 geköpft - gleich zweimal in einer Minute.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!