■ Mittwochs-Blick (5): Innen zwölf Regalkilometer
MITTWOCHS-BLICK (5)
Innen zwölf Regalkilometer
hier bitte das
Haus ohne Fenster
Alle kennen solche Stellen in der Stadt: Man kann jahrelang dran vorbeigehen und immer wieder denken: Was ist das bloß? Eine Hauswand, ein Schild, ein Laden. Der flüchtige Blick ist schnell vergessen — bis zum nächsten Mal.
Wer den Fußweg zwischen Salvador-Allende-Strasse zum Wall entlangschlendert, wird beim Anblick eines achtgeschossigen, fleischfarbenen Klotzes unversehens aus dem Trott gerissen: Da steht ein seltsamer, rosa-beiger Plattenbau, das Magazin des Staatsarchivs.
Was steckt dahinter? Und: Wer drängelt sich an so wenigen Fenstern — bei soviel Haus?
Zuerst: Es handelt sich um das Magazin des Staatsarchivs. Zwölf Regalkilometer (!) Gesamtfassungsvermögen birgt der Kasten auf elf Etagen. Von zweien kann nur erzählt werden, die sieht man nicht, sie liegen unterirdisch, trümmersicher! Ihr Inhalt: Die archivarische Chefetage, „Mittelalter bis 1875, das hielt man früher für besonders
wichtig!“ erklärt Andreas Röpken, promovierter Staatsarchivar und seit 20 Jahren im Hause.
Zugang zu den riesigen Dunkelkammern, in denen Bücher und Bilder, pergamentene Dokumente, Deutschlands zweitgrößte Plakate-Sammlung und Akten, Akten, Akten lagern, hat nicht jede: die Schlüssel zu den einzelnen Stockwerken des Sesams verwahren die Archivare.
Ein längerer Aufenthalt im Magazin wird ohnehin nicht empfohlen: zwischen 16 und 18 Grad frostig ist es in den dokumentarischen Lagerhallen.
Außerhalb der Kühlgrenze liegen kleine, beheizbare Studienzimmer. So erklären sich die wenigen Fensterlöcher im Bau. Kein Wunder, daß im Staatsarchiv keine Mäuse wohnen mögen, bei den Bedingungen. - „Doch, Mäuse haben wir, aber die dürfen nicht ins Magazin“, sagt Archivar Röpcke. Wie das geht? Sie sind eingetragene Vereinsmäuse, FamilienforscherInnen, Maus e.V., die hören auf's Wort! ede
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