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■ Mitterrand wird zum letzten Bollwerk gegen die RechteFrankreich vor der Abrechnung

Das Ganze ist nur noch eine Formalität: Morgen und am kommenden Sonntag werden die Franzosen die Sozialisten abwählen. Gründe dafür gibt es viele: Die Anhänger der Linken sind bitter, daß diese den versprochenen Traum vom anderen Leben nicht wahr gemacht, daß sie die Republik nicht demokratisiert und nicht mehr Gerechtigkeit und Moral verwirklicht hat. Die Bürger haben die Schnauze voll von den täglich neuen Enthüllungen über Skandale und Geldaffären. Sie begreifen auch nicht, daß die Sozialisten zuschauten, wie immer mehr Menschen arbeitslos wurden – jeder zehnte heute ist betroffen. Neue Wege wie Arbeitsteilung wurden erst im Wahlkampf diskutiert. Morgen werden die Sozialisten dafür die Quittung erhalten. Sie rechnen damit, sie wünschen sich sogar den Verlust der korrumpierenden Macht. Der Sieg wird dem konservativen Parteienbündnis „Union für Frankreich“ in den Schoß fallen.

Zwar trifft die morgige Abrechnung Minister und Abgeordnete, doch gilt sie in erster Linie dem Staatspräsidenten. Mitterrand jedoch, der früher einmal halb bewundernd, halb ironisch Dieu, Gott, genannt wurde, verhält sich wie ein solcher: Unbeirrt von irdischen Dingen wie einer Legislativwahl klammert er sich an seinem Amt fest. Auch wenn er alt und krank ist: Für den 76jährigen ist die Macht ein Lebenselixier, der politische Überlebenskampf gilt auch dem physischen Weiterleben. Die zweite cohabitation seiner Amtszeit geht er daher wie eine letzte Herausforderung an: Er allein gegen die Rechte.

Frankreich wird am 29. März so rechts sein wie nie zuvor. Die Bürgerlichen regieren schon 20 der 22 Regionen, 80 Prozent der Departements sind in konservativer Hand, in den Rathäusern ist die Rechte ebenfalls stark vertreten. Außer Mitterrand, der noch bis 1995 ausharren kann, hat die neue Mehrheit keinen Gegenspieler. Auf dieser Übermacht beruht Mitterrands Kalkül. Er setzt darauf, daß die „Union für Frankreich“ ins eigene Messer rennen wird – wie bei der ersten cohabitation vor sieben Jahren, die mit seiner Wiederwahl endete. Seine Chancen stehen gar nicht so schlecht, denn die bürgerliche „Union für Frankreich“ konnte ihre internen Spannungen selbst vor der Wahl kaum verbergen. Die beiden Parteiführer Chirac und Giscard werden das Kriegsbeil nie begraben, denn beide zielen nur auf eins: Sie wollen in zwei Jahren Präsident werden. Auch die inhaltlichen Differenzen, die in der Maastricht-Debatte zutage traten, dürften die neue Mehrheit schnell spalten. Falls Mitterrand seine zwei verbleibenden Jahre durchsteht, könnte sich auch die Rechte zerschlissen haben. Falls eine erneuerte Linke oder die Öko-Parteien bis dahin einen Hoffnungsträger anzubieten haben, könnte ihm sein Kleben an der Macht sogar noch als Verdienst angerechnet werden. Bettina Kaps, Paris

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