hamburger szene : Mittagspause
Die Frau nimmt sich ein Herz und tritt auf die Straße, aber ach: da schwillt der Verkehrsstrom schon wieder an. Sie flüchtet zurück auf den Fußweg. „Da drüben“, sage ich, „gibt’s eine Ampel.“ Sie bedankt sich mit einem „Guten Appetit“, und hätte beim Versuch, sich am Tisch abzustützen, fast in meinen Teller gegriffen. Es ist eng, auf der beiderseitig befahrenen Straße ebenso wie auf dem Fußweg. Ein Bus rast vorbei. Staub wirbelt auf, der sich wie eine feine Gewürzmischung auf meinen Tofu senkt.
Punks kommen vorbei, in bester Stimmung auf dem Weg zur Arbeit – Richtung Bahnhof. Einer von ihnen fragt mich, ob er den Brokkoli essen kann, den ich nach der Logik, das Beste zum Schluss, aussortiert habe. „Greif zu.“ Auf der Straße stauen sich die Autos, ein silberner Mercedes, offen die Fenster, versorgt mich eine Weile mit Techno, ein Renault Twingo mit pathetischen Gitarrensoli. Der Hinz-und-Kunzt-Verkäufer zieht mit meiner Kaffeekasse ab, von den Resten auf meinem Teller schlingt er einige Bissen mit den Augen hinunter.
„Diese Scheißbullen, solche Idioten“ – eine junge Frau ruft das ihrem Freund von Fahrrad zu Fahrrad zu, aber wie sie es sagt: Licht schwingt in ihrer Stimme, der Übermut des Frühling, sie meint es nicht ernst. Der Freund wirft ihr bewundernde Blicke zu, ihr Rock flattert, und beide biegen in die Seitenstraße ab. Kinder kommen vorbei, ich kratze den Reis vom Teller. Sie singen, verschlagen wie sie sind: Oh Tannenbaum. MAXIMILIAN PROBST