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■ Mit verseuchten Teppichen auf du und duVorm Einzug lüften ...

Hannover (taz) – Farben, Lacke und Holzschutzmittel können Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schwindelgefühle verursachen. Das ist seit langem bekannt. Aber auch Teppichböden gehören zu den Übeltätern. Das hat das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Aerosolforschung in Hannover herausgefunden. Nicht weniger als 116 verschiedene Chemikalien dünsteten aus den vom Institut untersuchten Teppichen aus deutscher Produktion aus. Der Grund: Die Kunststoffrücken, die die Teppichfasern zusammenhalten, werden mit verschmutzten Rohstoffen hergestellt, weil die billiger sind als reine. Karsten Levsen, Chef der Abteilung Analytische Chemie am Fraunhofer-Institut und Leiter der Teppich-Untersuchung, ist der Ansicht, daß die Hersteller den Preis der Böden erhöhen und dafür bessere Rohstoffe verwenden könnten: „Das Umweltbewußtsein in Deutschland ist ausgeprägt genug, um so etwas zu machen.“

Seit 1990 gibt es die „Gemeinschaft umweltfreundlicher Teppichboden“ (GuT), ein Zusammenschluß europäischer Hersteller, der Teppiche auf Schadstoffe überprüft. Chemiker Levsen hält nicht viel vom GuT-Siegel, das inzwischen an etwa 80 Prozent aller in Deutschland verkauften Böden klebt: „Dieses Zeichen sagt ja, daß der Teppich schadstoffgeprüft ist und nicht, daß er schadstoffarm ist.“ Besser fände er, wenn die Hersteller Teppiche in mehr oder weniger belastet einteilten und das auch draufschreiben würden.

Die Teppichindustrie selbst gibt zu, gar nicht zu wissen, was aus ihren Produkten so alles rauskommt. „Trotz des Einsatzes modernster Analysetechnik ist es bis heute nicht gelungen, die Stoffe zu identifizieren“, heißt es in einer Broschüre des deutschen Teppich-Forschungsinstituts, das für die GuT die Teppichböden prüft. Was können VerbraucherInnen tun, denen der Chemie-Cocktail im Wohnzimmer stinkt? „Wenn der Teppichboden verlegt ist, einige Tage durchlüften und erst dann einziehen“, rät Levsen. Wer auf Parkett ausweichen wolle, sollte sich vorher informieren, womit es verklebt und versiegelt wird, damit es keine bösen Überraschungen gibt. Nur wem Kacheln in der Wohnung nicht zu ungemütlich sind, ist gut dran. Sie, sagt Levsen, geben überhaupt keine Schadstoffe ab.

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