■ Mit sowjetischen Garnisonen auf du und du: Weg mit Schaden
Berlin (taz/dpa) – Schon Ende August 1994, ein halbes Jahr früher, als Michael Gorbatschow versprach, ziehen die ehemals sowjetischen Truppen aus Ostdeutschland ab. Rechnungen sollen nicht mehr aufgemacht werden, weder für Garnisonsbauten, noch für ökologische Schäden. So haben es Kohl und Jelzin im vergangenen Dezember vereinbart – realistischerweise, denn niemand wagte anzunehmen, daß die nunmehr russische Armee deutsche Bußzettel für wilde Müllkippen ernst nehmen werde.
Kaum hatten sich die neuen Freunde gütlich geeinigt, löste Generaloberst Matwej P. Burlakow die Umweltabteilung seines Oberkommandos West auf, und übertrug ihre Aufgaben der sogenannten „Verwertungsabteilung“. Seither wird ungeniert Altöl weggeschüttet, Munition in der Erde vergraben und mit Abfällen gedealt, schreibt Brandenburgs Umweltminister an Burlakow. Die Beschwerdeliste umfaßt fünfzehn Seiten.
Die neuen Bundesländer sind für die sowjetischen Altlasten zuständig. Von den rund 250.000 Hektar Gelände, die im Besitz der Roten Armee waren, sind 172.00 Hektar an die deutsche Seite übergeben worden. Nach ersten Untersuchungen der insgesamt 605 Liegenschaften, sind 1.133 sogenannte „Sofortmaßnahmen“ erforderlich. Die Kosten der Gesamtsanierung werden auf mindestens 25 Milliarden Mark geschätzt.
Gestern traf sich die gemischte, deutsch-russische Kommission in Berlin, um über die Probleme zu sprechen. Ein konkretes Ergebnis wird in der Außenstelle des Bonner Umweltministeriums nicht erwartet. „Wir hoffen ja nur, daß die nicht noch neue Altlasten erzeugen“, so ein Sprecher resigniert. Vom Oberkommandanten Burlakow wird kolportiert, für ihn sei das Thema Ökologie schlicht „erledigt“.
Auch seine Offiziere haben dringendere Sorgen. Zwar hat ihnen das Bonner Umweltministerium Lehrgänge in Abfallbeseitigung angeboten. Die deutschen Ratschläge aber blieben Theorie. Untersuchungsbeamte würden heute immer wieder gehindert, Truppenstützpunkte in Abwicklung zu betreten, klagt das Land Brandenburg.
Aber nicht nur die Soldaten haben manches zu verbergen: In der – noch nicht geräumten – Garnison Fürstenwalde hat das Potsdamer Umweltministerium zivilen Bauschutt gefunden. Er stammte von einem Bauplatz im Westteil Berlins. In der Kaserne Bernau wurde beobachtet, wie russische Soldaten Abfälle in ein frisch ausgehobenes Loch schütteten. Beliebt seien die Militärgelände aber auch als Endlager für Trabis.
Manches verschwindet dann doch auf wunderbare Weise. Russische Armeestellen haben offenbar einen lukrativen Vertrag mit Schrotthändlern geschlossen. Wessis durften sich in aller Ruhe die wertvollen Buntmetalle aus den Abfallhaufen heraussuchen. Der unbrauchbare Rest blieb liegen. nh
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen