■ Mit grünem Diesel auf du und du: Vergiftung günstiger
Stockholm (taz) – Schwedens Waldarbeiter können wählen: billig und grün inklusive Selbstvergiftung oder teuer und farblos mit normalem Gesundheitsrisiko. Die Rede ist vom Diesel im Tank ihrer Motorsägen. Zum 1. Oktober hat die Regierung in Stockholm das Steuersystem für Diesel umgestellt.
Eigentlich lobenswert, denn der bis dahin billige Autodiesel wurde 30 Pfennig teurer. Damit nun nicht die AutobesitzerInnen auf die Idee kommen, Heizöl oder subventionierten Diesel für die Landwirtschaft in ihre Diesel-Gefährte umzufüllen, wurde dieser gefärbt – wie schon in vielen anderen Ländern. Der Finanzminister setzte sich an den Schreibtsich, schaute seine Farbstifte an und verordnete grüne Farbe als Zusatzstoff.
Die falsche Farbe ganz offensichtlich: Es mußten nicht nur mühsam blaue und grüne Farbstoffe der deutschen Marke „Solvent“ gemischt werden, um das richtige Grün zu bekommen. Das Farbgemisch macht den grünen Diesel auch noch giftiger als er ohnehin schon ist. Waldarbeiter, die eine Zehnstundenschicht abgearbeitet hatten, klagten über Kopfweh, Atembeschwerden und Brechreiz. Nach drei Tagen bekamen sie Entzündungen im Nasen- und Mundraum. Die ÄrztInnen verschrieben ihnen Asthmamedizin und Antibiotika. Ohne Erfolg. Erst als sie die Dieselsorte wieder wechselten und zum teuren, ungefärbten Diesel zurückkehrten, hörten die Beschwerden auf. Doch Finanzminister Bo Lundgren gibt sich stur: „Diesel ist von sich aus giftig und sicher giftiger als die Farbzusatzstoffe. Wir können doch deshalb nicht nach zwei Monaten das Steuersystem wieder ändern.“ Als bekannt wurde, daß die fraglichen Farbzusätze im allgemeinen und die Grünmischung im besonderen gefährlich seien, weil bei der Verbrennung der Farbzusätze krebserregende Bestandteile und Gifte, die negativ auf die Erbmasse wirken könnten, freigesetzt würden, erhob sich ein Proteststurm der Ölheizungsbesitzer. Eine Million Liter grüner Diesel schwappen nämlich mittlerweile in den privaten Tanks, und die Angst geht um, sich beim Heizen langsam aber sicher zu vergiften. Gegen solche Befürchtungen hat Minister Lundgren einen Rat: wieder ungefärbten, teuren Diesel in den Heizöltank. Er denkt dabei vermutlich in erster Linie an den wohltuenden Effekt für die Staatskasse.
Arbeitsschutz- und Naturschutzbehörde haben den uneinsichtigen Finanzminister nun desavouiert. Sie wollen in Zusammenarbeit mit den Ölfirmen und Farbenherstellern die Wirkungen der verschiedenen Farbzusätze untersuchen. Der dem Blau beigemischte gelbe Farbzusatz wird, so behauptet man in Stockholm, seit Jahren in Italien und Spanien verwendet, ohne daß bislang Beschwerden aufgetaucht waren. Offenbar macht die grüne Mixtur krank. Reinhard Wolff
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