■ Mit glücklichen Arbeitslosen auf du und du: Dänische Sabbaticals
Kopenhagen (taz) – Ab Beginn des neuen Jahres haben alle erwerbstätigen DänInnen das Recht, ein Jahr auf Staatskosten „blau“ zu machen. Mit Hilfe dieser bezahlten Arbeitsfreistellung hofft die Regierung, neue Jobs schaffen und die Arbeitslosenzahlen nach unten drücken zu können. Gleichzeitig soll das „Sabbatjahr“ aber auch zur Fortbildung genutzt werden können, oder um für Kinder dazusein. Der Zuschuß aus der Staatskasse liegt auf dem Niveau des Arbeitslosengelds: 80 Prozent des vorherigen Lohns. Unter dem Strich finanziert sich nach Berechnungen des Arbeitsmarktministeriums die Neuregelung von alleine. Was der freiwillig Arbeitslose bekommt, wird gleichzeitig eingespart bei dem Arbeitslosen, der auf dessen Job für ein Jahr nachrückt.
Die Regelungen sind recht großzügig. Ob man ein Jahr in die Südsee fahren, sich fortbilden oder Kinder versorgen will, ist gleich: Mindestalter 25 Jahre, in drei der letzten fünf Jahre muß man gearbeitet haben. Will man Kinder versorgen, dürfen diese nicht älter als acht Jahre sein. Das neue Gesetz gilt auch für Selbständige unter der Voraussetzung, daß ein „Ersatzboß“ gefunden wird, der das Unternehmen in dem aktuellen Jahr weiterführt. ExpertInnen bezweifeln aber dennoch, daß es einen Run auf ein Faulenzerjahr im warmen Süden oder im heimischen Ferienhaus geben wird. Eher wird mit einer vorsichtigen Nutzung der Neuregelung gerechnet. Dänemark hat eine Arbeitslosenrate von derzeit knapp neun Prozent. In solchen Zeiten verläßt man nicht unbedingt einen Arbeitsplatz für ein Jahr, selbst wenn es ganz legal ist und man damit Solidarität mit den Arbeitslosen zeigen kann. Was sagen der Boß und die abgekämpften Kollegen? Problematisch könnte es auch werden, im Heer der Arbeitslosen wirklich den passenden Ersatz zu finden. Den muß das Arbeitsamt zunächst finden, sonst wird es nichts mit der Flucht auf die Insel. Reinhard Wolff
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