■ Mit der „offenen“ EU auf du und du: Die Tür bleibt zu!
Stockholm (taz) – Die EU bleibt eine geschlossene Gesellschaft. Auch die nordischen Neulinge haben sich bislang vergeblich die Zähne ausgebissen, bei dem Versuch, dem Brüsseler Machtapparat mehr Offenheit zu verpassen. Letztes Beispiel: das Scheitern zweier gesamtnordischer Initiativen, die Treffen des Ministerrats und den Gesetzgebungsprozeß etwas durchsichtiger zu machen.
Dänemark hatte vorgeschlagen, bei jedem Ministerratstreffen darüber abstimmen zu lassen, ob es öffentlich sein könnte oder nicht. Bislang waren es nur die großen Eröffnungsdebatten mit den feierlichen Schaufensterreden oder die ein oder andere Sitzung zu aktuellen wirtschaftlichen Problemen, die für die Öffentlichkeit und die Fernsehkameras zugänglich waren.
Doch eine gesonderte Abstimmung über Öffentlichkeit oder nicht bedeutete für die Mehrheit des Ministerrats offenbar eine Zumutung und wurde daher gegen den Widerstand der drei nordischen Länder Dänemark, Schweden und Finnland niedergestimmt.
Das einzige Zugeständnis: Die EU-BotschafterInnen sollen sich künftig darüber verständigen, ob und in welchem Umfang Teile der Protokolle der Ministerratssitzungen öffentlich gemacht werden können. Zweites Beispiel: Die SchwedInnen wollten den Gesetzgebungsprozeß durchsichtiger gestalten. Zwar sind alle Initiativen, die zu neuem EU-Recht werden sollen, bereits jetzt öffentlich zugänglich. Bei den langwierigen Verhandlungsprozeduren in den EU-Organen sind allerdings unzählige und oft in ihrer Auswirkung so undurchschaubare Änderungsvorschläge üblich, daß am Ende dieses Prozesses ein Gesetz oder eine Verordnung stehen kann, die mit den öffentlich gemachten Vorschlägen nicht mehr viel zu tun hat.
Obwohl auch Kenner in diesem Dschungel die Übersicht verlieren, soll der von den SchwedInnen geforderte gläserne Beschlußkanal in Zukunft nicht zustande kommen. Erst wenn die Beschlüsse gefaßt sind, wird staunenden EU-BürgerInnen und EU-ParlamentarierInnen die ganze Wahrheit präsentiert.
Offenbar, um „guten Willen“ zu zeigen, faßte der Rat der EU- AußenministerInnen jetzt den Beschluß, alle Abstimmungsresultate künftig zu veröffentlichen. Und der EU-Pressedienst wurde beauftragt, in Zukunft gründlicher über das, was im Ministerrat so geschieht, zu informieren. Schwedens Außenministerin Lena Hjelm-Wallén schimpfte anschließend, das Resultat sei „absolut unzureichend“. Reinhard Wolff
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