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■ Mit der Genmanipulation auf du und duMach Geld daraus

Berlin (taz) – Ein neues Patentrecht muß her. Unterschiedliche Rechtsvorschriften stellen das „Funktionieren des Binnenmarktes“ in Frage. Um den Abbau von „Handelshemmnissen“ in der Europäischen Union (EU) zu gewährleisten, muß die Patentierbarkeit von Lebewesen und Teilen davon möglich sein. Mit dieser Argumentation legte die EU-Kommission 1988 einen Entwurf für eine „Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen“ vor.

Doch die Patentämter waren schneller. Obwohl in den Patentgesetzen die Patentierbarkeit von Pflanzensorten und Tierarten ausgeschlossen ist, sicherten die Patentschützer die Verwertungsinteressen der Gentech-Lobby. Die Patentämter nutzten ihren Interprationsspielraum und vergeben die Patente nicht für eine Sorte oder Art, sondern weiteten die Zugriffsrechte eigenmächtig gleich auf ganze Gruppen aus. Nicht die Krebsmaus wurde patentiert, sondern gleich alle Nagetiere, die mit dem Krebsgen ausgestattet werden. Daß darunter auch die Tierart Maus fällt, störte die Patentschützer nicht.

Die Vergabe von Patentrechten auf Mikroorganismen, Pflanzen, Tiere und einzelne Gene, auch menschliche Gene, gehört heute schon zur gängigen Praxis. Mit der seit sechs Jahren in Brüssel diskutierten Richtlinie sollen die Patentämter nun aus der Grauzone und der Schußlinie der KritikerInnen herausgeholt werden. Alles, was nicht gegen die „öffentliche Ordnung und gute Sitten verstößt“ soll patentierbar sein.

Die Richtlinie sieht vor, daß genmanipulierte Pflanzen, Tiere generell patentierbar sein sollen. Landwirten, die bisher ihre eigene Ernte als Saatgut verwendeten, soll dies für eine Übergangszeit weiter gestattet sein. Später dann müssen sie dem Patentinhaber Lizenzgebühren dafür bezahlen. Das gleiche droht den Tierzüchtern. Für die Weiterzucht mit einem genmanipulierten Tier müssen sie Gebühren entrichten.

Die Zugriffsrechte auf Menschen und einzelne Zellen, Proteine und Gene sollen zwar ausgeschlossen bleiben, aber nur wenn sie sich im „natürlichen Zustand im menschlichen Körper“ befinden. Für isolierte Bestandteile des menschlichen Körpers hingegen sollen Patente vergeben werden dürfen.

Im gemeinsamen Standpunkt des EU-Ministerrats ist vorgesehen, daß auch therapeutische und diagnostische Verfahren unter Patentschutz gestellt werden. Ein Novum, denn bisher waren medizinische Therapien generell vom Patentrecht ausgeschlossen. Selbst Patente für die bisher weltweit verbotene Keimbahntherapie soll es künftig geben. Wolfgang Löhr

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