■ Mit der Ausbildungsmisere auf du und du: 3.400 suchen noch eine Lehrstelle
Wieviele Schulabgänger werden es in diesem Jahr sein, die im August ohne Ausbildungsvertrag dastehen? Die Bremer Arbeiterkammer nannte, nachdem der erste große Run auf die Lehrstellen vorbei ist und die großen Unternehmen ihre Kontingente gefüllt haben, nun erste Zahlen, die bedrohlich klingen: 3.400 Jugendliche im Land Bremen stehen derzeit noch mit leeren Händen da, doch nicht einmal 2.000 Bremer Betriebe suchen noch nach Lehrlingen für das kommende Ausbildungsjahr. Abgesehen davon, daß nicht jeder Schulabgänger mit jedem Arbeitsplatz kompatibel ist, konkurrieren zur Zeit also knapp zwei BewerberInnen um eine Lehrstelle.
Die Unternehmerverbände, mit diesen Zahlen konfrontiert, winken ab. Die Arbeiterkammer habe sich „unbrauchbarer Arbeitsamtszahlen“bedient, vermeldeten sie gestern und ließen wissen: „Auch 1998“könne „jedem ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Bewerber ein Ausbildungsplatz angeboten werden“. Am Ende des Ausbildungsjahres 1997 waren es immerhin 757 junge BremerInnen, die diesen Kriterien der UnternehmerInnen anscheinend nicht genügten: Sie blieben ohne Lehrstelle. Dabei sei die Zahl der Ausbildungsplätze, so die Unternehmer, 1997 sogar gestiegen. Es sei also falsch, daß immer mehr Ausbildungsplätze fehlen würden.
Dem widersprechen aber die von der Arbeiterkammer vorgelegten Zahlen. Zwar zählte auch diese zum Jahresende knapp 200 Lehrstellen mehr als im Vorjahr und sah damit den Stand von 1995 wieder erreicht. Die Ausbildungslücke zwischen Angebot und Nachfrage aber sei in den vergangenen Jahren trotzdem „ständig größer geworden“, denn auch die Zahl der Bewerber steige. Dies werde in Zukunft nicht anders sein, so die Prognose: Bis zum Jahr 2008 erwarte man einen 16prozentigen Mehrbedarf an Ausbildungsstellen.
Während die Unternehmerverbände angesichts der Situation ihre Forderung nach einer „Flexibilisierung beim Berufsschulunterricht“erneuerten, sieht die Arbeiterkammer diese inzwischen als zumindest „auf den Weg gebracht“und fordert , daß „mittelfristig“nun die Abgabe für nichtausbildende Betriebe auf den Weg gebracht werden müsse.
Die Bremer Grünen forderten gestern als Reaktion auf die Zahlen aus der Arbeiterkammer erneut Maßnahmen „für Ausbildung im Rahmen des Investitionssonderprogramms“(ISP). Staatliche Investitionen, so der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Helmut Zachau, müßten mit Ausbildungsmaßnahmen verknüpft werden. ritz
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