■ Mit der Agraropposition auf du und du: Stilles Begräbnis?
Berlin (taz) – Zum 61. Mal seit 1926 beginnt morgen in Berlin die Internationale Grüne Woche. Mehr oder weniger frisch auf den Tisch präsentiert die Leistungsschau der deutschen Ernährungswirtschaft tonnenweise tote Tiere, Waggonladungen exotischer Früchte und Delikatessen aus aller Welt. Die traditionelle Gegenveranstaltung der Alternativbewegung, die sogenannte „Giftgrüne Woche“, ist derweil eines stillen Todes gestorben.
14 Jahre lang hatte sich diese Veranstaltungsreihe parallel zur offiziellen Messe mit der Industrialisierung der bäuerlichen Landwirtschaft und dem Zusammenhang von Hunger im Süden und Lebensmittelvernichtung im Norden beschäftigt. ReferentInnen berichteten über den Einsatz von Pestiziden, die Entwicklung genetisch manipulierter Getreidesorten und die Chancen des Ökoanbaus.
Daß die ehemalige Institution der Agraropposition leise verschied, läßt sich allerding nur aus dem Fehlen jeglicher Informationen und Programme für die Giftgrüne Woche 1996 schließen. Die ehemaligen AktivistInnen wissen von nichts, der frühere Veranstaltungsort liegt ausgestorben in einem tristen Berliner Hinterhof. Die Gründe für den Exitus? Geldmangel wird eine Rolle spielen und das versiegende Engagement der Berliner Ökoszene. Die kritische Veranstaltungsreihe war durchweg mit ehrenamtlicher Arbeit organisiert worden, ein Apparat, der das Überleben über Trockenperioden hinweg hätte sichern können, ist nicht vorhanden.
Und auch das alte Feindbild ist unscharf geworden. „Wir stecken bis über beide Ohren in der Vorbereitung der Grünen Woche“, sagt Amos Ramsauer von der Berliner Ökobörse, die die Vermarktung brandenburgischer Biokost in der Stadt organisiert.
Nahezu vollzählig sind die Umweltgruppen und kritischen Agrarverbände auf der Freßmesse vertreten. Der Bund Umwelt und Naturschutz ist ebenso dabei wie der Naturschutzbund, das Agrarbündnis unter Einschluß der Arbeitsgemeinschaft Bäuerlicher Landwirtschaft und die Erzeugergemeinschaften der Biolandwirte. Auf seinem traditionellen Rundgang durch die Messehallen schaut der Landwirtschaftsminister auch bei ihnen vorbei und findet ein paar freundliche Worte. Hannes Koch
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