■ Mit den Daimler-Nieten auf du und du: Dasa-Irrflug fordert erste Entlassungen
Berlin (taz) — Nach außen ist wie immer alles klar, die Daimler-Manager haben ihren Gemischtwarenladen voll unter Kontrolle. Doch hinter der Fassade des größten deutschen Industrieunternehmens scheinen die Herren den instrumentenlosen Blindflug zu erproben. In ständigen Rechnereien mit fünf Gleichungen und zehn Unbekannten hat auch der Dasa- Commander Jürgen Schrempp die Orientierung verloren. Da die Auftragseingänge des Luft-, Raumfahrt- und Rüstungsmultis empfindlich schrumpfen, setzt der chronisch hoffnungsvolle Vorstandsvorsitzende nun zum Tiefflug an: Die Deutsche Aerospace wird in den kommenden zwei Jahren 7.500 Stellen abbauen — das ist gut ein Zehntel der derzeit rund 70.000 Arbeitsplätze.
Der Personalabbau solle, wie das Unternehmen am Mittwoch lapidar per Pressemitteilung bekanntgab, möglichst sozialverträglich erfolgen; allerdings seien auch Entlassungen nicht auszuschließen. Allein 5.000 Stellen werden dem Rotstift in den Bereichen Rüstung und Luftfahrt zum Opfer fallen — dabei sind die Auswirkungen des abgestürzten Jäger-90-Projekts bei diesen Planungen noch gar nicht berücksichtigt. Inzwischen hat sich auch in der Dasa- Geschäftsführung herumgesprochen, daß in den nächsten Jahren mit keinem Rüstungsgroßauftrag mehr zu rechnen ist — eine späte Einsicht, die nun die Beschäftigten auszubaden haben. Dabei ist allen Experten spätestens seit den Umbrüchen in Osteuropa klar, daß Waffengeschäfte die Kassen nicht mehr klingeln lassen und Deutschlands Rüstungsschmieden vor einer Kündigungswelle stehen, falls sie nicht anderweitige unternehmerische Aktivitäten entfalten. In der Chefetage wurde zu spät geschaltet: Statt frühzeitig die Produktion in Richtung ziviler Güter umzustellen, hielt Schrempp felsenfest an seinem Glauben an den Jäger90 fest, auf den sein Boß Reuter sogar noch kistenweise Champagner verwettete. Der Dasa (Umsatz 1991: 3,5 Mrd. DM; Verlust: 41 Mio. DM) droht nun das Fundament wegzubrechen. Erwin Single
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