■ Mit dem deutschen Verkehr auf du und du: Die Bahn verliert
München (dpa/taz) – Immer weniger neue Autos werden gekauft, aber immer mehr alte Modelle und Lastwagen verstopfen die Straßen. Im Auftrag des Bonner Verkehrsministeriums hat das Münchener Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung sogar einen Rekord errechnet: Erstmals werden im nächsten Jahr in Deutschland mehr als 40 Millionen Pkw registriert sein, 1993 sind es 39,4 Millionen.
Die Absatzflaute der Autoindustrie wird dennoch weiter anhalten. Die Ifo-Studie geht für Westdeutschland von 2,4 Millionen neu zugelassenen Fahrzeugen in diesem Jahr aus, das sind 20 Prozent weniger als 1992. Ein weiterer Rückgang von fünf Prozent wird für 1994 erwartet. Auch die Ossis haben ihren Nachholbedarf gedeckt. Nur noch 600.000 Wagen werden dieses Jahr in den Ostländern neu zugelassen – ebenfalls 20 Prozent weniger als im Vorjahr – und 1994 wird der Rückgang größer sein als im Westen.
Trotzdem wird in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen viel gereist, die Nachfrage werde im Personenverkehr weiter wachsen, meinen die Münchener Forscher. Zunehmen wird vor allem der Luftverkehr. Der Preiskampf der Airlines begünstigt die Kunden. Sie fliegen nicht nur selber öfter, sie lassen auch mehr Güter fliegen: Obwohl in der Folge der allgemeinen Rezession 1993 die Zahl der Verkehrsleistungen um 1,5 Prozent sinkt, konnten die Lufttransporte einen leichten Zugewinn verbuchen. Antizyklische Gewinne verzeichen sonst nur noch die Betreiber von Piplines und – ganz oben auf der Liste – die Fuhrunternehmer, die ihre Fracht auf die Straße schicken.
Verlierer sind die Bahn und die Binnenschiffahrt. Besonders drastisch fällt die Verlagerung des Gütertransports auf die Straße aus, wenn nur die langen Strecken betrachtet werden: 49 Prozent des gesamten Fernverkehrs wird 1993 von Lastwagen abgewickelt, nur noch 30 Prozent von der Bahn, die in den letzten zwei Jahren über 40 Millionen Tonnen weniger befördert hat – das ist ein Verlust von 12,5 Prozent.
Die Tendenz wird anhalten. Vor allem die Krise der Montanindustrie wirkt sich unmittelbar auf den Güterverkehr aus. Aber das Transportvolumen wird auch 1993 immer noch um ein Prozent auf 4,4 Milliarden Tonnen steigen. Profitieren wird davon vor allem der Nahverkehr auf der Straße, der noch um drei Prozent wächst. Verlieren wird der Fernverkehr insgesamt um vier Prozent, das Nachsehen hat wiederum die Bahn, die in diesem Jahr noch einmal über sieben Prozent ihres Anteils abgeben muß. Sogar die Kanalbauer und Binnenschiffer stehen besser da: Sie verlieren nur fünf Prozent. nh
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