■ Mit dem Weltbetriebsrat auf du und du: Das erste Treffen
Berlin (taz) – Nach mehreren informellen Treffen des Europäischen Betriebsrates des Volkswagenkonzerns mit Vertretern aus Brasilien, Argentinien, Mexiko und Südafrika tagt nun erstmals der VW-Weltkonzernbetriebsrat in Barcelona. Seit gestern kommen 27 Belegschaftsvertreter aus acht europäischen und vier überseeischen Staaten zusammen, um „weltweite Solidarität und Zusammenarbeit zu praktizieren, damit die Belegschaften nicht gegeneinander ausgespielt werden können“, so Klaus Volkert, der als Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates und des EU-Betriebsrates auch das neue globale Gremium leitet.
Es ist bisher das einzige seiner Art, obwohl alle großen Konzerne global vernetzt sind. Gesetzlich vorgeschrieben ist nur die Bildung von Europäischen Betriebsräten auf EU-Ebene. Die EU-Richtlinie vom September 1994 bestimmt ihre Einrichtung in allen transnationalen Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten. Obwohl ins nationale Recht aller EU-Staaten übernommen, gibt es bisher nur 515 Europäische Betriebsräte, das ist etwa die Hälfte der infrage kommenden Anzahl.
Der Europäische Gewerkschaftsbund EGB, der im International House of Union am Brüsseler Boulevard Jacqmain residiert, hat die Satzungen von 470 dieser Belegschaftsvertretungen auf EU-Ebene auf einer CD-ROM gespeichert. Ihre Kompetenzen fallen hinter die deutsche Mitbestimmung zurück. Europäische Betriebsräte haben lediglich das Recht auf Anhörung und Unterrichtung durch die Unternehmensleitung. Den Begriff „Anhörung“ definiert die Richtlinie als „Meinungsaustausch und die Einrichtung eines Dialogs zwischen Arbeitnehmervertretern und der zentralen Leitung“. Über den Zeitpunkt der Unterrichtung wird nichts gesagt.
Bei VW muß die „Konsultation so rechtzeitig erfolgen, daß die Position des Europäischen VW-Konzernbetriebsrates noch in den Entscheidungsprozeß einbezogen werden kann“. Manche Unternehmen jedoch hebeln das bescheidene Mitwirkungsrecht noch aus, indem sie zu spät oder gar erst nach einer Maßnahme unterrichten. Der EGB drängt daher auf eine Konkretisierung der Richtlinie. Sie soll vorschreiben, welche Informationsfrist angemessen ist und welche Sanktionen bei Nichtbeachtung möglich sind.
Auf dem Weg zu einer europäischen Wirtschaftsdemokratie geht es, wenn überhaupt, also nur in kleinen Schritten voran. So dauerte es bis zum April dieses Jahres, bis sich erstmals 500 Vertreter des Europäischen Gewerkschaftsbundes und der privaten und öffentlichen Europäischen Arbeitgeberverbände zu einem Erfahrungsaustausch trafen.
Ursula Wöll
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