■ Mit dem Vulkan auf Du und Du: Schöne Vulkan-Töchter
Daß bei den Nachrichten vom Vulkan-Verbund niemand so recht durchblickt, hat auch den Grund, daß beim Vulkan intern auch niemand den vollen Überblick hat. Dies, etwas zurückhaltender formuliert, hat der Wirtschaftswissenschaftler Heiner Heseler zur verworrenen Lage um den Schiffbau- und Elektronik-Konzern erklärt. Er fordert, daß der Aufsichtsrat „in kürzester Zeit“ einen neuen Vorstandsvorsitzenden „mit einem überzeugenden, von den Banken und den Landesregierungen getragenen Konzept“ benennt. Heseler spricht sich in seiner Stellungnahme strikt gegen eine Zerlegung des Konzerns aus. Begründung: Die einzelnen Teil-Firmen seien zu klein, um am Schiffbau-Weltmarkt bestehen zu können.
Die beiden Reedereien, deren Vulkan-Anteile der Bremer Senat möglichst für 130 Millionen Mark übernehmen und damit dem Konzern Liquidität zuführen will, hält Heseler nicht für ganz oder teilweise wertlos wie die vor Wochen an die Banken verpfändeten Schiffsbeteiligungen. Im Gegenteil: Die NSB Niederlebe mit Sitz in Buxtehude sei „strategisch von zentraler Bedeutung“ und zudem das ertragsstärkste Unternehmen: Bei 27 Millionen Umsatz habe die Schiffahrtsgesellschaft 1994 16,7 Mio Gewinn gemacht und sei damit „das ertragsstärkste Unternehmen des Verbundes“. Nebenbei ist die NSB ein guter Kunde der Vulkan Werft, hat also schon einige Schiffe dort geordert. 1988 hatte die senatseigene Finanzfirma Hibeg die NSB schon einmal übernommen, 1991 an den Vulkan wieder abgegeben.
Die NSB bestellte allerdings in letzter Zeit mehr und mehr ihre Schiffe in Korea und Polen. Dies trifft mehr noch auf die Senator-Line bzw. das 1994 durch Fusion entstandene Gemeinschaftsunternehmen DSR Senator Line zu, die ihre Schiffe bei Kvaerner, vor allem aber in Korea bestellt. Derzeit verhandelt die DSR mit einer südkoreanischen Werft über einen Großauftrag von 10-20 Containerschiffen.
Der Senat will über die Hibeg die Hälfte der Anteile an der DSR, die der Vulkan hält, übernehmen. Über den Preis soll auch hier ein Wertgutachten entscheiden. Der Einfluß auf die Reedereien ist für die Schiffbau-Aufträge wichtig, aber auch für die Frage, welche Häfen angelaufen werden. Wenn NSB und DSR unter den Einfluß der Konkurrenz aus Hamburg kämen, hätte dies weitreichende Auswirkungen für den Umschlag in Bremerhaven.
Für die schöne Bremer Hoffnung, daß auch die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern sich an Stützungs-Aktionen für den Vulkan beteiligen möge, gab es gestern aus Schwerin keinerlei Hinweise.
K.W.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen